Gotteshäuser seien nicht gleich Gotteshäuser

Kardinal: Katholische Kirchen vor Pfingstkirchen und Moscheen öffnen

Veröffentlicht am 18.05.2020 um 11:19 Uhr – Lesedauer: 

London ‐ Auf öffentliche Gottesdienste müssen die Briten noch länger warten – frühestens am 4. Juli geht es los. Für den Londoner Kardinal Vincent Nichols ist das zu spät. Und er sagt, warum katholische Kirchen unter den Gotteshäusern Vorrang haben müssten.

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Der Vorsitzende der Bischofskonferenz von England und Wales, Kardinal Vincent Nichols, spricht sich für eine Öffnung katholischer Kirchen vor den Gotteshäusern anderer Religionen und Konfessionen aus. In einem Ende letzter Woche im britischen Sender Radio 4 ausgestrahlten Interview betonte der Erzbischof von Westminster, dass man die verschiedenen religiösen Traditionen und Frömmigkeitsformen berücksichtigen müsse. "Was in den einen Gotteshäusern passiert, ist sehr verschieden von anderen. Persönliches und individuelles Gebet wie in einer katholischen Kirche gibt es kaum in Pfingstkirchen, die eher große Versammlungen abhalten. In Moscheen betet man eng nebeneinander, das ist auch etwas anderes." Daher müsse man bei den Öffnungsplänen differenzieren.

In Großbritannien sind anders als in vielen anderen europäischen Staaten Kirchen und Gebäude anderer Religionen auch nicht zum persönlichen Gebet geöffnet. Nichols wies darauf hin, dass das Glaubensleben und die Frömmigkeitsformen der Menschen von hoher persönlicher Bedeutung seien. "Wir wünschen uns dafür etwas mehr Achtsamkeit von der Regierung", so der Kardinal. Die von der Regierung Anfang vergangener Woche veröffentlichte Wiederaufbau-Strategie sieht erst in einer dritten Phase frühestens ab dem 4. Juli eine Wiedereröffnung öffentlicher Veranstaltungsorte wie Kinos und Kirchen vor. "Einige Veranstaltungsorte, die ihrer Funktion gemäß von besonders vielen genutzt werden und bei denen es sich als schwierig erweisen könnte, auf Abstand zu achten, können zu diesem Zeitpunkt noch nicht nur teilweise wieder sicher öffnen", heißt es in dem Papier.

Zunächst für persönliches Gebet öffnen

Nichols betonte, dass die Feier der Sakramente essentiell zum katholischen Glauben gehören und die Einschränkungen aufgrund der Pandemie Gläubige daher besonders treffe. Der Erzbischof plädierte daher dafür, die Kirchen zunächst für das persönliche Gebet zu öffnen, bevor wieder öffentliche Gottesdienste gefeiert werden können. "Damit könnten wir Routinen entwickeln für die Aufsicht, Social-Distancing-Maßnahmen und Reinigung."

Vincent Nichols ist Erzbischof von Westminster, der Diözese der britischen Hauptstadt, und damit Primas von England und Wales. Seit 2009 ist er Vorsitzender der katholischen Bischofskonferenz von England und Wales. 2014 wurde er von Papst Franziskus zum Kardinal erhoben. Auf den britischen Inseln gibt es insgesamt drei katholische Bischofskonferenzen: Neben der englischen und walisischen sind dies die schottische sowie die irische, die sowohl die Bistümer der Republik Irland wie Nordirlands umfasst. (fxn)