"Finanzielle Unabhängigkeit" für Kirchen solle hergestellt werden

FDP hält an Plänen zur Ablösung der Staatsleistungen fest

Veröffentlicht am 22.05.2020 um 11:29 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Seit mehr als hundert Jahren stehen die Staatsleistungen an die Kirchen in der Kritik. Doch bis heute zahlen die Bundesländer für die Enteignung von kirchlichen Gütern im 19. Jahrhundert. Die FDP will dem nun gemeinsam mit anderen Bundestagsparteien ein Ende setzen.

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Die FDP hält auch in der Corona-Krise an ihren Plänen zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen fest. Seit mehr als 100 Jahren bestehe ein Verfassungsauftrag, diese Zahlungen abzulösen, sagte der neue religionspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Benjamin Strasser, dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Freitag. Er sei überzeugt davon, "dass hier finanzielle Unabhängigkeit hergestellt werden sollte". Ein gemeinsam mit Grünen und Linken erarbeiteter Gesetzentwurf soll nach seinen Worten möglichst noch im Juni in den Bundestag eingebracht werden.

Die Staatsleistungen gehen auf die Enteignung kirchlicher Güter Anfang des 19. Jahrhunderts zurück. Bis heute erhalten katholische und evangelische Kirche dafür Entschädigungen vom Staat, rund 500 Millionen Euro jährlich. Die Weimarer Reichsverfassung sah eine Ablösung vor, die ins Grundgesetz übernommen wurde. Ablösen müssen die Bundesländer, weil sie die Zahlungen leisten. Der Bund muss aber einen gesetzlichen Rahmen für die Verhandlungen schaffen.

FDP, Grüne und Linke schlagen in ihrem Entwurf vor, sich am Bewertungsgesetz zu orientieren, das für "wiederkehrende Nutzungen und Leistungen" einen Wert angibt, der das 18,6-fache der jährlichen Zahlungen umfasst. Vertreter der Koalition äußerten sich bislang zurückhaltend zu dem Vorschlag. "Wir wollen ja nicht, dass die Kirchen leichtfertig auf Ansprüche verzichten", sagte Strasser. Zudem gehe es um einen langen Zeitraum, "so circa 20 bis 30 Jahre, in denen sich die Kirchen auf die neue Finanzsituation einstellen können", sagte er.

Neuer religionspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion ist "gläubiger Katholik"

Wie sich die durch die Corona-Krise erwarteten Steuerverluste bei der Finanzsituation der Kirchen bemerkbar machen werden, "können wir derzeit sehr schwer einschätzen", sagte Strasser, schloss Staatshilfen bei drastischen Einbrüchen aber aus. "Staatshilfen schaffen Abhängigkeiten und nehmen Freiheiten - auch im kritischen Dialog mit dem Staat", sagte er. Eine finanziell unabhängige Kirche sei auch unabhängiger im Urteil.

Strasser war Anfang Mai als Nachfolger des aus dem Bundestag ausgeschiedenen Abgeordneten Stefan Ruppert zum Sprecher für Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften der Fraktion gewählt worden. Verbunden ist nach Angaben seines Büros damit auch das Amt des Antisemitismusbeauftragten der FDP-Fraktion. Strasser stammt aus Baden-Württemberg, ist 33 Jahre alt und nach eigener Aussage "gläubiger Katholik". (rom/epd)