"Kirche, die Leben gefährdet, verrät ihre Mission"

Langendörfer verteidigt Verzicht auf öffentliche Gottesdienste

Veröffentlicht am 27.05.2020 um 14:20 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Mehrere Wochen haben die Kirchen in Deutschland keine öffentlichen Gottesdienste gefeiert – freiwillig, betont Hans Langendörfer. Der Sekretär der Bischofskonferenz sieht das als Identitätsfrage: Auch Glaubensfreiheit brauche Verantwortung.

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Der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) Hans Langendörfer hat den freiwilligen Verzicht der Kirchen auf öffentliche Gottesdienste während der Corona-Krise verteidigt. In der Juni-Ausgabe der Zeitschrift "Stimmen der Zeit" betont der Jesuit, der Verzicht habe neben einer Eindämmung der Verbreitung des Virus auch den Zweck gehabt, "authentisch" zu bleiben und "die eigene Identität zu bewahren": Eine Kirche, "die Leben und Gesundheit gefährdet, verrät ihre eigene Mission". Langendörfer bezeichnet die Wochen um Ostern als "schmerzlich": Der Gesundheitsschutz habe der Religionsfreiheit enge Grenzen gezogen, wie auch anderen Grundrechten. Auch die Freiheit des Glaubens sei an Verantwortung gebunden. Der bloße Verweis auf eine "Systemrelevanz" der Kirchen reiche daher nicht aus, um die Möglichkeit von Gottesdiensten einzufordern.

Langendörfer zufolge messe sich die Glaubwürdigkeit der Kirchen daran, dass sie ihre Aktivitäten "stark an der Verantwortung (auch) für den Lebens- und Gesundheitsschutz orientieren". Dabei sei das Leben zwar nicht das höchste Gut, aber doch ein sehr fundamentales, dem man in Abwägungen entsprechendes Gewicht verleihen müsse. Freiheit und Verantwortung der Gläubigen und ihrer Kirchen müssten nun auch bei der Wiederaufnahme des gemeinsamen Gottesdienstes in der Bewertung der dabei geltenden Sicherheitsauflagen beachtet werden.

Aneignung der digitalen Welt für Gebet und Gottesdienst

Durch den mehrwöchigen Verzicht auf gemeinschaftliche öffentliche Gottesdienste seien zudem weitere Themen aufgeworfen worden, die die Identität der Kirche beträfen. Durch digitale Angebote habe eine "Aneignung der digitalen Welt für das Gebet und den Gottesdienst" stattgefunden. Langendörfer hofft, dass diese Errungenschaft nicht verloren geht. Der Jesuit sieht außerdem das private Gebet in Familien als gestärkt an. Die vielfältigen Angebote für Hausgottesdienste hätten "eine neue spirituelle Kompetenz" gefordert. Zugleich wendet er sich aber auch gegen Bestrebungen, die gemeinschaftliche Feier der Sakramente unter dem Vorsitz eines Priesters zu relativieren: Diskussionen um "nichtsakramentale" Eucharistiefeiern und "Privatmessen ohne ordinierte Person" beträfen Kernaussagen der Sakramenten- und Amtslehre.

Hans Langendörfer ist seit 1996 Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz. Im Februar hatte er ursprünglich angekündigt, nicht für eine weitere Amtszeit zur Verfügung zu stehen. Nach dem Wechsel im DBK-Vorsitz von Kardinal Reinhard Marx zu Bischof Georg Bätzing führt er das Amt jedoch bis höchstens Ende des Jahres weiter. (fxn)