"Es hat sich gelohnt, Geduld zu haben."
Zollitsch bezeichnete den Missbrauchsskandal als "die schwierigste Frage“, die ihn und seine Mitbrüder während seiner bisherigen Amtszeit als Vorsitzender der Bischofskonferenz beschäftigt habe. "Keiner von uns hatte sich das vorstellen können, keiner von uns hat das je gedacht, und wir haben gespürt, dass hier eine Welle auf uns zukommt."
Im Januar 2010 hatte der Jesuit Klaus Mertes mit einem Brief an ehemalige Schüler über Missbrauchsfälle am Berliner Canisius-Kolleg informiert. Er löste damit eine Lawine weiterer Enthüllungen über sexuellen Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen aus. Daraufhin entschuldigten sich die Bischöfe bei ihrer Vollversammlung im Februar 2010 und verschärften die "Leitlinien zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch". Zudem wurde im Auftrag der Bischöfe ein Konzept zur Entschädigung der Opfer ausgearbeitet und ein bundesweiter Dialogprozess gestartet.
Eine Frage des Klimas
Zwei wissenschaftliche Studien waren ebenfalls Teil der Aufarbeitung. Die Ergebnisse der ersten Studie wurden im Dezember 2012 vorgestellt. Der Direktor des Instituts für forensische Psychiatrie der Universität Duisburg-Essen, Norbert Leygraf, kam darin zu dem Schluss, dass die Priester, die Minderjährige missbraucht hatten, in den seltensten Fällen im klinischen Sinne pädophil gewesen seien. . Die zweite Studie mit dem Hannoveraner Kriminologen Christian Pfeiffer war im Januar 2013 gescheitert, nachdem es zwischen Pfeiffer und der Bischofskonferenz zu Differenzen bezüglich des Datenschutzes gekommen war.
Dazu sagte der Freiburger Erzbischof, die Bischöfe hätten sich klar entschieden, dass "wir die ganze Sache untersuchen werden". Er bedauere, dass die Zusammenarbeit mit Pfeiffer gescheitert sei, aber "es war nicht möglich, eine gemeinsame Basis zu finden". Beim nächsten Ständigen Rat im Herbst wollten die Bischöfe "einige Angebote prüfen, mit welchen Instituten wir diese Sache machen. Auf jeden Fall werden wir die Sache gründlich anpacken" .
Zollitsch verwies zudem darauf, dass die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals auch vom gesellschaftlichen Klima abhänge. "Als damals die Sache mit der Odenwald-Schule bekanntgeworden ist, hat sich in der ganzen Gesellschaft überhaupt niemand drum gekümmert", betonte er. Dass sich die Öffentlichkeit dann so intensiv auf das Thema gestürzt habe, hänge möglicherweise auch damit zusammen, dass die katholische Kirche betroffen war. (mir/stz/KNA)