DBK-Vorsitzender sieht Fragen des Synodalen Wegs durch Krise geschärft

Bätzing: Nach Corona nicht einfach zur Tagesordnung übergehen

Veröffentlicht am 29.05.2020 um 15:45 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Sei es Macht, Frauen oder das Verhältnis zum Staat: Viele innerkirchliche Diskussionsthemen werden durch die Corona-Krise wieder virulent, findet der DBK-Vorsitzende Georg Bätzing. Er kündigt deshalb eine "selbstkritische Diskussion" an – und fordert höhere Löhne für Pflegepersonal.

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Die Corona-Krise beschleunigt nach Ansicht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) Veränderungsprozesse in der Kirche. "Wir werden uns schneller als gedacht die Frage stellen müssen, wie wir mit unseren Ressourcen umgehen", sagte Bischof Georg Bätzing am Freitag in einem Doppelinterview mit dem Vorsitzenden des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, der "Süddeutschen Zeitung". Dies betreffe den Einsatz von Menschen, "die ja das eigentliche Gesicht der Kirche und ihrer Einrichtungen sind", sowie Geld. "Bislang haben wir gesagt: Wir haben noch zehn Jahre Zeit, uns darauf einzustellen, dass wir mit sehr viel weniger Mitteln auskommen müssen. Das ist nun anders."

Bätzing bezeichnete die Corona-Krise als "so einschneidend, dass wir nicht einfach zu irgendeiner Tagesordnung übergehen können". Er sprach sich zudem für höhere Löhne in der Gesundheitsbranche aus. Es reiche nicht, für Pflegepersonal vom Balkon aus zu applaudieren. "Wir müssen uns die Versorgung der Kranken und Schwachen etwas kosten lassen." Darin bestehe große Einigkeit in der Bischofskonferenz. In den katholischen Einrichtungen "wird sich zeigen, wie ernst wir es meinen".

Der Limburger Bischof kündigte auch eine "selbstkritische Diskussion" über das Verhältnis von Staat und Kirche nach dem Ende der Krise an. Dabei müsse es um die Frage gehen, ob die Kirche "zu vorauseilend" agiert oder zu spät auf Lockerungen gedrängt habe. Er persönlich sei der Ansicht, die Kirchen hätten verantwortlich gehandelt. Man habe sich bewusst nicht gegen die staatlich verordneten Einschränkungen gewehrt. "Der Verzicht auf größere Veranstaltungen war der einzige Weg, den Kollaps des Gesundheitssystems zu verhindern."

"Es galt Menschenleben zu schützen"

Bätzing fügte hinzu: "Der Verzicht ist uns sehr schwer gefallen, aber es galt Menschenleben zu schützen." Die kirchliche Autonomie sei ein hohes Gut – "aber hier war der falsche Zeitpunkt, auf sie zu pochen". In den notwendigen Debatten nach der Pandemie müsse auch erörtert werden, "wie es bei uns um das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit steht".

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Zudem seien durch die Corona-Krise die Themen des Synodalen Wegs geschärft worden. So sei etwa die Frage, wie viel Macht nötig sei, um die Krise zu bewältigen – gleichzeitig stelle sich die Frage nach einer Kontrolle dieser Macht. Gleiches gelte für den Stellenwert von Frauen: "Wenn in der Krise die Frauen die Verliererinnen sind, weil sie die Hauptlast in den Familien schultern und beruflich zurückstecken, dann stellt sich auch die Frage nach der Rolle der Frauen in der Kirche noch deutlicher." Er verwies auf das Schreiben von Papst Franziskus nach der Amazonas-Synode und dessen Forderung nach einer Inkulturation der katholischen Lehre in die jeweilige Gesellschaft. Das gelte auch für Deutschland: "Wir brauchen einen Dialog zwischen der Kultur einer Gesellschaft und der Botschaft des Evangeliums. Da ist ja eine Kluft entstanden. Diese Kluft zu überbrücken ist unser Ziel." Sternberg bezeichnete das Papstschreiben als Enttäuschung: "Vor allem bei der Darstellung der Frauen in der Kirche fällt er hinter Standards zurück, das teilen wir im ZdK nicht."

Generell blicken Bätzing und Sternberg mit Zuversicht auf die weiteren Debatten beim Synodalen Weg. "Der Schwung und die Energie" seien geblieben, sagte Bätzing. Der Kampf gegen das Virus habe innerkirchliche Debatten überlagert, räumte Sternberg ein. Aber das Bedürfnis nach Austausch bleibe bestehen. "Die katholische Kirche kann ja nicht in den aktuellen Debatten wirken, wenn sie nicht glaubwürdig ist. Und daran arbeiten wir, Bischöfe wie Laien."

Kein vorzeitiger Abbruch

Sowohl Bätzing als auch Sternberg betonten, dass sie trotz teilweise kontroverser Debatte etwa um die Rolle der Frauen nicht mit einem vorzeitigen Abbruch rechneten. "Alle Bischöfe sind dabei. Wir nehmen den Synodalen Weg sehr ernst und haben uns selbst zur Anwesenheit verpflichtet", sagte Bätzing. Er setze alles daran, zu gemeinsamen Beschlüssen zu kommen. "Und wenn die nicht in Deutschland alleine umsetzbar sind, werden wir sie in Rom vortragen."

Ähnlich äußerte sich Sternberg. "Am Ende werden die Bischöfe eine Reihe von Entscheidungen in Deutschland umsetzen können, anderes werden wir als Votum nach Rom geben; schließlich gibt es Fragen, die einem Konzil vorbehalten sind", sagte der ZdK-Präsident und fügte hinzu: "Auch solche Debatten müssen irgendwann einmal geführt werden."

Der Synodale Weg der katholischen Kirche in Deutschland hatte im Dezember 2019 begonnen und war eigentlich auf eine Laufzeit von zwei Jahren ausgelegt. Wegen der Corona-Pandemie wurde die ursprünglich bis Oktober 2021 laufende Reforminitiative bis in den Februar 2022 verlängert. Als vier zentrale Themen gesetzt sind Macht, Sexualmoral, priesterliches Leben und Rolle der Frauen. (cph/KNA)