Volkspartei CDU – Prägende politische Kraft mit christlichen Wurzeln
Ihre Gründung war ein Wendepunkt in der deutschen Parteiengeschichte: Während die Nazi-Herrschaft zusammenbrach, zogen christliche Politiker und Gewerkschafter ihre Lehren aus dem Versagen der Parteien der Weimarer Republik und formierten eine überkonfessionelle christliche Volkspartei. In diesen Wochen wird die CDU 75 Jahre alt.
Die Gründung lag 1945 in der Luft: In vielen europäischen Staaten bildeten sich christdemokratische Parteien. In Deutschland hatte es schon in den 1920er Jahren Initiativen zu einer "Einheitsfront" der Christen gegeben. Die katholische Zentrumspartei warb um evangelische Mitglieder, um der Zersplitterung des bürgerlichen Lagers entgegenzuwirken. Auch im Widerstand arbeiteten Katholiken und Protestanten zusammen. Die Volkspartei, die beide Konfessionen, aber auch verschiedene soziale Schichten integrierte, erwies sich als Erfolgsrezept.
Demokratie - mit christlichem Fundament
Dabei entstand die CDU aus vielen Bürgerinitiativen überall in Deutschland. Kaum hatten die Alliierten Territorium eingenommen, begannen Mitglieder der 1933 aufgelösten Parteien, Gewerkschaften und Verbände sowie weitere engagierte Christen mit dem Aufbau politischer Vereinigungen. Köln, Frankfurt und Berlin waren Zentren.
Am 16. Juni 1945 wurde der aus der Todeszelle befreite frühere Reichslandwirtschaftsminister Andreas Hermes in Berlin zum Chef der Union in der Sowjetzone gewählt. Ohne davon zu wissen, hoben rheinische Demokraten am Tag darauf in Köln die CDU in der Britischen Zone aus der Taufe. "Ein freies Volk soll wiedererstehen, dessen Grundgesetz die Achtung menschlicher Würde ist", hieß es in den im Kölner Kolpinghaus verabschiedeten "Kölner Leitsätzen".
Richtungsweisendes Treffen in Bad Godesberg
Dass Berlin eine Vorreiterrolle beanspruchte, verstand sich von selbst. Doch je mehr sich die Sowjets einmischten, desto mehr verloren die dortigen Christdemokraten an Einfluss. Eine Führungsposition wuchs demgegenüber den Politikern in der britischen Zone um Konrad Adenauer zu. Schließlich kam es zum "großen Reichstreffen" im Dezember 1945 in Bad Godesberg. Dort wurde beschlossen, den Namen "Christlich-Demokratische Union" anzunehmen. In der französischen und der amerikanischen Zone blieb ein Zusammenschluss noch lange verboten. Erst auf dem Goslarer Parteitag 1950 formierte sich die CDU bundesweit.
Gesellschaftspolitisches Ziel sollte nach den Worten Adenauers eine Demokratie sein, die "in der christlich-abendländischen Weltanschauung, in dem christlichen Naturrecht, in den Grundsätzen der christlichen Ethik wurzelt". Zustimmung fand zunächst die Kölner Leitlinie eines "Sozialismus aus christlicher Verantwortung", die vor allem die Walberberger Dominikaner und linkskatholische Kreise um Walter Dirks forderten.
Schon im Februar 1947 wurde sie aber im Ahlener Programm durch eine liberalere Linie austariert. Leitvorstellung wurde ein dritter Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus, der Privateigentum genauso bejahte wie seine Sozialpflichtigkeit. Leitwerte wurden Solidarität und Subsidiarität - Ludwig Erhard sprach von Sozialer Marktwirtschaft.
Wie eine Partei ein Land prägte
Von Adenauer bis Merkel: Keine Partei hat die Geschicke der Bundesrepublik so stark beeinflusst. 51 von 71 Jahren führte sie die Bundesregierung, stellte die Weichen für Westbindung und Soziale Marktwirtschaft. Auch die Einheit 1989/1990 fiel in ihre Regierungszeit.
Mittlerweile ist Krise angesagt: Nach dem Mauerfall ist der Partei der Kitt abhanden gekommen. Hatte die CDU (ohne CSU) 1990 noch rund 790.000 Mitglieder, waren es 2018 noch 414.905. Zugleich hat der pragmatische Kurs der Vorsitzenden Angela Merkel manche Konservativen heimatlos gemacht - etwa durch die Abschaffung der Wehrpflicht, den Atomausstieg, die Einführung der Homoehe oder die Flüchtlingsfrage.
Was macht die CDU aus? Diese Frage stellt sich im breiter gewordenen Parteienspektrum. Wie sie sich gegenüber nationalkonservativen Haltungen und der AfD abgrenzt, wird vor allem in den östlichen Bundesländern beantwortet. Zur Zerreißprobe könnten aber auch Koalitionen mit den Grünen werden, mit denen es Schnittmengen etwa bei den Wählermilieus oder bei Themen wie der Bewahrung der Schöpfung sowie ethischen Fragen wie Gentechnik und Sterbehilfe gibt.