Nach Lobbyaffäre: Berliner Diözesanrat hält vorerst an Amthor fest
Der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin hält trotz der Lobbyaffäre um den CDU-Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor vorerst an dessen jüngst erfolgter Wahl in die Vollversammlung des Laiengremiums fest. Gleichzeitig kündigte der Geschäftsführer des Diözesanrats, Marcel Hoyer, am Mittwoch auf Anfrage von katholisch.de an, die Personalie in dem Gremium noch einmal diskutieren zu wollen. "Der ehrenamtliche Vorstand des Diözesanrats wird in der kommenden Woche zusammenkommen und sich über das Thema austauschen", so Hoyer wörtlich. Er betonte aber auch, dass es in der Satzung des Diözesanrats keinen Passus gebe, auf dessen Basis die Wahl Amthors rückgängig gemacht werden könne. Amthor selbst äußerte sich am Mittwoch nicht zu seinem Engagement im Diözesanrat, entsprechende Fragen von katholisch.de ließ der 27-Jährige bis zum Mittag unbeantwortet.
Hoyer erklärte, er habe in den vergangenen Tagen viele Gespräche mit Menschen geführt, "die ihr Erschrecken über die Inhalte der Veröffentlichung und ihre Sorgen bezüglich Herrn Amthors Engagement im Diözesanrat" geäußert hätten. Für das große Interesse und die konstruktiven Rückmeldungen sei er sehr dankbar, so der Geschäftsführer des Gremiums. Zugleich forderte Hoyer im Gespräch mit katholisch.de eine vollständige Aufklärung der Lobbytätigkeit Amthors: "Ich teile die Erwartung vieler Menschen, dass die Vorgänge lückenlos aufgeklärt werden und für Fehler entsprechend Verantwortung übernommen wird." Eine Bewertung des Vorgangs durch den Diözesanrat werde aber der juristischen Aufklärung nicht vorgreifen.
Diözesanrat hatte Amthor erst vor Kurzem gewählt
Mit Blick auf die Wahl Amthors in die Vollversammlung, die in den vergangenen Tagen unter engagierten Katholiken teilweise auf Kritik gestoßen war, betonte Hoyer, dass das zuständige Wahlgremium nach eigenem Ermessen entscheide, wen es in die Versammlung wähle. "Ziel war es, eine möglichst große Vielfalt von persönlichen Erfahrungen, inhaltlichen Expertisen und unterschiedlichen Regionen im Diözesanrat abzubilden." Die Kritik, dass Amthor nur ein halbes Jahr nach seiner Taufe in das Gremium berufen wurde, wies Hoyer zurück. "Die Taufe ist das Sakrament der Aufnahme in die Gemeinschaft der Gläubigen, aber sie ist nicht der Beginn und nicht der Abschluss des Hineinwachsens in die Gemeinschaft unserer Kirche." Die Perspektiven und Glaubenserfahrungen von Menschen, die sich als Erwachsene taufen ließen, stellten eine große Bereicherung für die Kirche dar, "wenn wir uns zum Beispiel über die Verkündigung des Evangeliums oder die Ausgestaltung pastoraler Angebote austauschen".
Der Diözesanrat hatte Amthor vor Kurzem gemeinsam mit elf weiteren Personen für die Amtsperiode 2020 bis 2023 neu in die Vollversammlung gewählt. Die Versammlung ist das wichtigste Gremium des Diözesanrats. Sie setzt sich aus gewählten Vertretern aus den Pfarrgemeinden, den katholischen Verbänden und Arbeitskreisen, den Muttersprachlichen Gemeinden sowie aus bis zu 20 hinzugewählten Einzelpersönlichkeiten zusammen. Die konstituierende Sitzung der neu zusammengesetzten Versammlung soll am 12. September stattfinden. Der Diözesanrat koordiniert laut Selbstbeschreibung "als vom Erzbischof anerkanntes Organ die Mitwirkung der Laien an den Aufgaben der Kirche und fördert die apostolische und caritative Tätigkeit im Erzbistum Berlin".
Amthor steht seit Tagen wegen einer Lobbyaffäre in der Kritik. "Der Spiegel" hatte am Freitag über Aktivitäten des Politikers für das New Yorker Start-up "Augustus Intelligence" berichtet. Amthor hatte einen Brief an Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) geschrieben, in dem er um Unterstützung für die Firma warb. Bei "Augustus Intelligence" hieß es demnach, man müsse sich für den "geilen Brief" bedanken. Der Politiker erhielt Aktienoptionen und einen Direktorenposten von der Firma. "Augustus Intelligence" will laut internen Unterlagen Datenzentren betreiben und Software zur Gesichts- und Objekterkennung anbieten.
Amthor wurde vor einem halben Jahr in der katholischen Kirche getauft
Sein Engagement für die Firma hatte Amthor nach der "Spiegel"-Enthüllung als Fehler bezeichnet. Zwar habe er seine Nebentätigkeit für das Unternehmen bei der Aufnahme im vergangenen Jahr der Bundestagsverwaltung offiziell angezeigt. "Gleichwohl habe ich mich politisch angreifbar gemacht und kann die Kritik nachvollziehen. Es war ein Fehler", hieß es in einer Erklärung des Bundestagsabgeordneten. Als erste Konsequenz zog sich Amthor am Dienstagabend aus dem Bundestags-Untersuchungsausschuss zum islamistischen Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz zurück.
Amthor stammt aus Ueckermünde in Mecklenburg-Vorpommern und wuchs nach eigenen Angaben in einem nicht-christlich geprägten Elternhaus. Im vergangenen Dezember wurde er in der katholischen Kirche getauft. Der Jurist gehört seit 2017 dem Bundestag an und engagiert sich dort im Innen- und Europaausschuss; er ordnet sich selbst dem konservativen Flügel seiner Partei zu. In der Vergangenheit äußerte sich Amthor kritisch über Gender-Mainstreaming, außerdem positionierte er sich gegen die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe sowie gegen Abtreibungen.