Die EU muss sich mehr für Religionsfreiheit einsetzen
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Kann wegfallen? Vor drei Wochen hat die EU-Kommission eine kleine, aber wichtige Arbeitsstelle kassiert: das Amt des EU-Sonderbeauftragten für internationale Religionsfreiheit. Jan Figel war seit 2016 im Dienst, der erste und vorerst einzige Träger dieses Amtes. Gegen die Entscheidung, ihn abzusägen, regt sich Protest, der nicht abebbt. Protest, der Grenzen von Religionen, Fraktionen und Ländern überschreitet und dazu mit guten Argumenten aufwartet.
Religionsfreiheit ist bedroht wie selten zuvor. Konflikte mit religiöser Komponente nehmen zu. Radikale Gruppen, besonders islamistische, haben Zulauf und suchen sich ihre Opfer. Betroffen machen auch die Entwicklungen in den beiden größten Staaten der Welt: Der Druck auf Angehörige bestimmter (Indien) oder aller Religionsgruppen (China) nimmt zu statt ab.
In seinen vier Dienstjahren hat der EU-Sonderbeauftragte für Religionsfreiheit mit sehr begrenztem Budget sehr viel erreicht, nach außen und innen. Er verhandelte für die Sache religiös diskriminierter Menschen, so für die pakistanische Katholikin Asia Bibi. Und er schärfte in der politischen Tagesarbeit der EU ein Bewusstsein dafür heraus, dass Religionsfreiheit zumindest ein Menschenrecht wie jedes andere ist.
Woran liegt es, dass Europas Einsatz für Religionsfreiheit in der Welt ausgerechnet jetzt in die zweite Reihe rückt, sollte die Kommission ihre Entscheidung nicht zurücknehmen? Es scheint, dass in manchen Kreisen des säkularen Europas Religion mehr denn je als Reizwort gilt, weil Glaube, wenn er in Fundamentalismus umschlägt, zweifellos extremen Schaden anrichtet und man es gerne simpel hätte: keine Religion, keine Probleme – und wenn ihr es anders seht, sorgt eben selbst für eure Religionsfreiheit. Andere fürchten im Eintreten für Religionsfreiheit wohl versteckte Parteinahme für das Christentum, denn weltweit sind es zu mindestens 80 Prozent Christen, deren Freiheit unterdrückt wird. Vielleicht ist es aber auch bloß so, dass die EU vor gewaltigen inneren Aufgaben steht mit der Bewältigung der Corona-Folgen in ihren Mitgliedsstaaten und dem Zurück zu mehr Einheit. Da kann man ein Menschenrecht wie Religionsfreiheit da draußen in der Welt für eine Weile hintanstellen, oder nicht?
Auch da muss widersprochen werden. Menschenrechte sind nicht einfach gegeben, sie müssen immer neu errungen, verwirklicht und erhalten werden. Dass das in Europa derzeit besser als anderswo glückt, ist doch der Beweis dafür, dass man am Fortkommen der Menschenrechte und also auch der Religionsfreiheit arbeiten kann und muss, und das im ureigensten Interesse Europas. Warum will eine EU, die sich international als Wahrerin der Menschenrechte versteht, ausgerechnet bei einem so fundamentalen Recht wie Religionsfreiheit wegsehen? Europa soll nicht in sich selbst gefangen sein, wozu auch Papst Franziskus dauernd ermahnt. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft wäre gut beraten, in der europäischen Arbeit so zu moderieren, dass die Kommission das Amt des Sonderbeauftragten für Religionsfreiheit nicht streicht, sondern sogar aufwertet.