Interner Bericht: Beschlüsse zur Neuregelung würden nicht eingehalten

Innenministerium kritisiert Kirchenasyl – Kirchen wehren sich

Veröffentlicht am 14.07.2020 um 09:14 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ 2018 hatte die Innenministerkonferenz eine Neuregelung des Kirchenasyls beschlossen. Nun moniert ein interner Bericht des Innenministeriums offenbar, dass manche Regelungen nicht eingehalten würden. Beide Kirchen weisen die Kritik zurück.

  • Teilen:

Ein interner Bericht aus dem Bundesinnenministerium enthält offenbar Kritik am Kirchenasyl. Bestimmte Regelungen würden in der Praxis nicht eingehalten, heißt es darin laut Angaben der "Welt" (Dienstag). So müssten Asylbewerber das Kirchenasyl eigentlich innerhalb von drei Tagen verlassen, nachdem sie als Härtefall einen Ablehnungsbescheid erhalten haben – doch "dies geschah in den letzten Jahren nicht".

2018 hatte die Innenministerkonferenz eine Neuregelung des Kirchenasyls beschlossen. Dadurch habe die Entwicklung jedoch "nicht durchbrochen" werden können, so das Ministerium.

EKD: Neues Verfahren belastet Gemeinden

Beide Kirchen wiesen die Kritik zurück. Das neue Verfahren, wonach Deutschland deutlicher später als bislang die Verantwortung von Asylverfahren von anderen EU-Ländern übernimmt, belaste die Gemeinden, die Einzelpersonen und Familien im Kirchenasyl, sagte der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Martin Dutzmann.

Zudem stelle die Neuregelung eine einseitige Veränderung jener Vereinbarung dar, die Innenminister und Kirchen bereits 2015 getroffen hatten. Der Beschluss der Innenministerkonferenz von 2018 widerspreche der aktuellen Rechtssprechung, mahnte Dutzmann.

Linktipp: Flüchtlinge im Kirchenasyl haben kaum Chancen auf Erfolg

Bundesweit gibt es derzeit mehr als 400 Fälle von Kirchenasyl. Doch die meisten Flüchtlinge, denen Kirchengemeinden Schutz gewähren, haben kaum Aussichten darauf, erst einmal in Deutschland bleiben zu können.

Die Deutsche Bischofskonferenz erklärte, die Kirchen sähen die 2018 beschlossenen Änderungen "kritisch". Sie bezögen sich im Wesentlichen auf die Frage, ob bzw. wann ein Schutzsuchender im Kirchenasyl als "flüchtig" im Sinne der Dublin-III-Verordnung gelte. Dies stelle eine "erhebliche Belastung" für die Schutzsuchenden dar.

Dutzmann fügte hinzu, viele Gemeinden zeigten sich "frustriert" darüber, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eingereichte Fälle in der Regel negativ entscheide. So würden zum Beispiel ärztliche Atteste bisweilen nicht berücksichtigt, weil sie formalen Anforderungen nicht genügten - "selbst wenn es sich um Personen handelt, die für längere Zeit in geschlossenen psychiatrischen Einrichtungen behandelt wurden", so Dutzmann.

Aktuell rund 53 Fälle pro Monat

Nach Ministeriumsangaben sank die Zahl der gemeldeten Kirchenasyle im vergangenen Jahr auf durchschnittlich 53 pro Monat. Im zweiten Halbjahr 2018 hatte der Durchschnitt bei 68 Fällen monatlich gelegen. Der Rückgang sei zu begrüßen, so das Ministerium, da das Kirchenasyl nur für absolute Ausnahmefälle vorgesehen sei.

Beim Kirchenasyl werden Flüchtlinge ohne legalen Aufenthaltsstatus von Kirchengemeinden zeitlich befristet beherbergt. Ziel ist, in Härtefällen eine unmittelbar drohende Abschiebung in eine gefährliche oder sozial unzumutbare Situation zu verhindern und eine erneute Prüfung des Falles zu erreichen. (mal/KNA)