Sternberg hält Vatikan-Instruktion für realitätsfern
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, kritisiert die Pfarreien-Instruktion des Vatikan als realitätsfern. "Man fragt sich, ob irgendeiner der Autoren der Instruktion jemals in einem aktuellen 'pastoralen Raum' gewesen ist", sagte Sternberg der Zeitschrift Publik-Forum. Viele Pfarrer seien überlastet, ganz selbstverständlich hielten haupt- und ehrenamtliche Laien viele Gemeinden am Leben. "Die Instruktion konstruiert eine Wirklichkeit, die es nicht mehr gibt."
Das Bild des Priesters als Hirten, um den sich die Herde schare, sei schon immer schief gewesen und stimme längst nicht mehr. Vielmehr sei das Gesicht der Gemeinden in Deutschland "seit Langem weiblich". Frauen kämen in der Instruktion allerdings nicht vor – "abgesehen von einer schönen Anrufung Marias am Ende des Textes". Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf habe zu Recht gefragt, wie man Gläubige künftig allein für eine informierende, beratende und helfende Funktion gewinnen solle. "Ich kenne keine Laien, die bereit sind, sich in einer so gearteten Pfarrei zu engagieren."
Sternberg zeigte sich aber mit Blick auf den Synodalen Weg der Kirche in Deutschland zuversichtlich, dass die Instruktion begonnene Prozesse nicht verhindern werde. Schließlich sähen auch Pfarrer und Bischöfe den Text sehr kritisch. "Es wäre nicht die erste Instruktion, die sich wegen Mangels an Realitätsnähe einfach verläuft."
Umstrittenes Papier
Zu Beginn der vergangenen Woche hatte die vatikanische Kleruskongregation die Instruktion "Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche" veröffentlicht. Sie besagt unter anderem, dass Laien von der Gemeindeleitung ausgeschlossen sind. Auch Teams aus Geweihten und Nicht-Geweihten sind demnach nicht zulässig. Stattdessen wird die Rolle des Pfarrers betont. Zahlreiche Kirchenvertreter und Theologen aus Deutschland kritisierten das Papier als rückwärtsgewandt. Scharfe Kritik gab es von den Bischöfen Franz-Josef Bode (Osnabrück), Peter Kohlgraf (Mainz) und Franz-Josef Overbeck (Essen). Auch Sternberg hatte bereits geäußert, dass Gemeinden in Deutschland in Sachen Mitbestimmung schon viel weiter seien.
Auch Bambergs Erzbischof Ludwig Schick sagte, die Instruktion bringe für die Kirche und ihren missionarischen Auftrag "mehr Schaden als Nutzen" und nannte das Papier theologisch defizitär. Bischof Gebhard Fürst kündigte an, am Rottenburg-Stuttgarter Leitungsmodell festhalten zu wollen. Auch Erzbischof Stephan Burger sagte, er wolle trotz des Vatikan-Dokuments an der Pfarreireform im Erzbistum Freiburg festhalten. Bischof Franz Jung sagte, er vermisse im Dokument innovative Ansätze. Bischof Stephan Ackermann bedauerte, die Instruktion schränke die Eigenverantwortung von Bischöfen und Diözesen ein. Münchens Kardinal Reinhard Marx forderte ein stärkeres Aufeinanderhören in der Kirche. Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige bezeichnete die Instruktion als "wirklichkeitsfern".
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hingegen lobte die Instruktion und untermauerte seine Haltung noch einmal am Freitag in einem Gastbeitrag für katholisch.de. Auch der Augsburger Bischof Bertram Meier fand positive Worte und betonte, seine Diözese könne mit der neuen Vatikan-Instruktion "gut leben". Positiv äußerte sich auch der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper. Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke rief die Gläubigen auf, das Verbindende im Text zu suchen. (cph)