Kirchenrechtler: Reaktionen auf Instruktion nicht nachvollziehbar
Der Münchner Kirchenrechtler Stephan Haering kann die kritischen Reaktionen auf die Vatikan-Instruktion zu Pfarreileitung und Gemeindereformen nicht nachvollziehen. "Das Schlagwort 'Klerikalismus', das im Zusammenhang mit der Instruktion verwendet wurde, halte ich für unangebracht", sagte Haering am Dienstag im Interview mit dem Münchner Diözesanportal "mk online". Stattdessen gehe es dem Dokument um den Aufbau der Pfarrei mithilfe aller ihrer Mitglieder. Es liefere inhaltlich nichts Neues, sondern veranschauliche lediglich die geltenden kirchenrechtlichen Bestimmungen.
Zwar betone das Schreiben, dass derjenige Leitung wahrnehmen könne, der sakramental dazu befähigt sei, so Haering weiter. "Das heißt nicht, dass Leitung ausschließlich von Klerikern – von Priestern und Bischöfen – ausgeübt werden darf." Demnach können auch andere Gläubige daran beteiligt werden. "Aber ohne diesen sakramentalen Rückhalt von Leitung geht es eben nicht."
Keine von der Eucharistie losgelöste Struktur
Das Zweite Vatikanische Konzil und Papst Johannes Paul II. haben laut Haering deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Kirche vor allem durch die Eucharistiefeier immer wieder von Neuem gebildet werde. "In der Pfarrei wird – gewissermaßen – in der kleinsten Form abgebildet, was Kirche ist." Die Feier der Eucharistie brauche den Priester, der dort den Vorsteherdienst übernehme. "Er verkörpert den unsichtbaren Herrn Jesus Christus und macht auf diese Weise sichtbar, wer der wahre Leiter der Kirche ist." Das müsse auch in den pfarrlichen Strukturen abgebildet werden. "Es kann keine kirchliche Struktur geben, die von der Eucharistie losgelöst ist."
Eine Gemeindeleitung durch ein Team aus Haupt- und Ehrenamtlichen, wie sie beispielsweise in manchen Pfarreien des Erzbistums München und Freising bereits praktiziert wird, sieht der Theologe hingegen durch das Kirchenrecht gedeckt. "Denn der Gedanke, dass Kirche von der Eucharistie her aufgebaut ist, wird auch bei den Strukturreformen zumindest grundsätzlich nicht in Frage gestellt", so Haering. Zudem zähle das kirchliche Gesetzbuch zu den Amtsaufgaben des Pfarrers, alle Gemeindemitglieder zur Mitarbeit heranzuziehen. "Und weiter: Die Pfarrei ist nicht das persönliche Unternehmen des Pfarrers. Sondern aller Gläubigen, die dazu gehören und die Verantwortung übernehmen."
Am 20. Juli hatte der Vatikan seine Instruktion "Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche" veröffentlicht. Sie besagt unter anderem, dass Laien von der Gemeindeleitung ausgeschlossen sind. Auch Teams aus Geweihten und Nicht-Geweihten sind demnach nicht zulässig. Stattdessen wird die Leitungsrolle des Pfarrers betont. Die deutschen Bischöfe, Theologen und Verbände reagierten mehrheitlich mit Kritik auf das Papier und bezeichneten es unter anderem als realitätsfern und rückwärtsgewandt. Die im Vatikan für die Instruktion verantwortliche Kleruskongregation bot den deutschen Bischöfen ein klärendes Gespräch an. (mal)