Standpunkt

Die Kirche darf es der AfD nicht zu leicht machen

Veröffentlicht am 20.08.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Eine kirchliche Nicht-Wahlempfehlung für die AfD sorgt in einschlägigen Kreisen für Empörung. Auch wenn die Kirche immer politisch ist: Manche Kräfte sollte man nicht bei der Konstruktion ihres Opfermythos unterstützen, kommentiert Matthias Altmann.

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Kaum meldet sich eine kirchliche Organisation mit AfD-kritischen Inhalten zu Wort, bekommt die rechte Filterblase im Netz – wieder einmal – Schnappatmung. Schnell und in hoher Schlagzahl hagelt es Beschimpfungen; es werden Vorwürfe der illegitimen Parteinahme und der Verletzung des Neutralitätsgebots laut. Eine neue Folge dieser bekannten Reihe lief Anfang der Woche, als die katholischen Verbände im Bistum Aachen für die anstehende Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen zumindest indirekt eine Nicht-Wahlempfehlung für die AfD ausgaben.

Die Kirche und ihre Organisationen sollen sich aus der Politik raushalten: Wer das fordert, verkennt, dass die Kirche gar nicht anders kann, als politisch zu sein. Das Christentum verdankt seinen Siegeszug nicht zuletzt der gesellschaftlichen Sprengkraft seiner Botschaft. Nächstenliebe, Gewaltfreiheit, Solidarität – das alles sind explizite Forderungen Christi. Denn er verschiebt das Reich Gottes nicht erst auf die Zeit nach dem Tod, sondern beauftragt die Menschen, schon im Hier und Jetzt daran zu bauen.

Im modernen, religionsneutralen Staat ist die Kirche Teil der Zivilgesellschaft. Sie gestaltet das Leben im Land mit – daher steht es ihr frei, zu den großen gesellschaftspolitischen Fragen in ihrem Sinne Stellung zu beziehen. Die Gläubigen dürfen schließlich erwarten, dass die Kirche in den Debatten für die Grundwerte des Glaubens eintritt. Das gilt in der Diskussion über den assistierten Suizid genauso wie für die Frage nach der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen und Migranten.

Ob man dabei unbedingt (Nicht-)Wahlempfehlungen ausgeben muss, sei es seitens kirchlicher Organisationen oder hochrangiger Geistlicher, bleibt dahingestellt. Gerade die AfD hat es in den vergangenen Jahren immer wieder geschafft, sich als Opfer zu stilisieren – auch und gerade gegenüber den großen Kirchen. So leicht sollte es die Kirche der AfD nicht machen! Man kann eine Partei auch indirekt kritisieren, indem man sich dezidiert für Positionen starkmacht, die diese ablehnt. Diejenigen, die eigentlich gemeint sind, merken das dann schon.

Von Matthias Altmann

Der Autor

Matthias Altmann ist Redakteur bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.