Die Corona-Pandemie schafft einen Sabbat-Effekt
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"Der verwechselbare Gott" – das war ein ziemlich genialer Buchtitel von Thomas Ruster aus dem Jahr 2000. Er enthält eine Warnung und trifft den Punkt genau: Nicht verwechseln! Womit soll man JHWH nicht verwechseln? Als seine Präsenz im alten Israel ausgerufen wurde, ging es um nichts anderes als um diese Frage. Den Einen und Einzigen durfte man nicht verwechseln mit den Funktionsgottheiten des Polytheismus, die alle "für etwas gut" waren. Das Prinzip dieser Religion lautete: Für jedes menschliche Interesse gibt es eine himmlische Adresse.
JHWH dagegen, das große Gegenüber, hatte kein bestimmtes Ressort. Der Schöpfer der Welt war für keine bestimmte Funktion – er war für alles gut. Er war – pardon "transfunktional". Er war nicht nur nicht zu sehen, der Prophet Jeremia wusste noch mehr: "Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege. Spruch JHWHs" (55,8). Der "Ich bin da", der große Anwesende, hat für alle, die auf ihn setzen, eine einzigartige Hausaufgabe hinterlassen: Sie müssen, in einer Welt, in der er nicht zu besichtigen ist, ihn gleichwohl vorkommen lassen. Aber wie macht man das? Am meisten hat mich immer der Sabbat überzeugt. Was für eine Idee, einen ganzen Tag ohne Arbeit auszurufen! Arbeiten heißt Zwecke verfolgen. Ein ganzer Tag soll dem gehören, der uns auf Abstand zu unseren alltäglichen Zwecken bringt. Alle sieben Tage ein Fest des transfunktionalen Abstands.
Es wäre jetzt albern, das Stichwort "Abstand" nur deswegen mit Corona in Verbindung zu bringen, weil es die 1,5 m Abstandsregel gibt. Aber der große Lockdown und der aktuelle Zwang, sich auf einen dauerhaften Ausnahmezustand einzustellen, bringt immer mehr Zeitgenossen ins Grübeln. Die große Unterbrechung erzeugt eindeutig einen Sabbateffekt. Auf den ersten Blick kommt sie mir eher teuflisch unfreiwillig als göttlich vor. Auf den zweiten? Da liegt die Entscheidung wohl ganz bei uns, ob wir die Vorzüge des Abstands nutzen.
Der Sabbat als grandiose Sakralisierung der Zeit ist schon ein starker Hinweis darauf, was es mit diesem einzigartigen Hausaufgabenpensum auf sich hat. Wenn es darum geht, von einem JHWH zu reden, der über den Nützlichkeiten steht, müssen wir seine Unverwechselbarkeit retten. Ein Synodaler Weg, der nicht den unverwechselbaren JHWH zum Fluchtpunkt hat, wohin würde der uns führen?