Belarus erklärt Pass von Erzbischof für ungültig – Vatikan protestiert
Die belarussische Regierung verweigert dem katholischen Minsker Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz weiter die Rückkehr in das Land. Der Chef der nationalen Grenzschutzbehörde, Anatoli Lappo, begründete die Abweisung des Erzbischofs an der Landesgrenze inzwischen damit, dass das Innenministerium seinen Reisepass für ungültig erklärt habe, berichtete das katholische Internetportal catholic.by am Montag unter Berufung auf ein offizielles Schreiben an Kondrusiewicz.
Lappo hatte Kondrusiewicz demnach aber zugleich darauf hingewiesen, dass er sich wegen seines Passes an das Innenministerium wenden könne, was der Vorsitzende der Bischofskonferenz des Landes nun auch tun wolle.
Der Grenzschutz hatte den Geistlichen am 31. August nach einem etwa einwöchigen Besuch in Polen die Wiedereinreise in Belarus verweigert. Der autoritär regierende Staatschef Alexander Lukaschenko erklärte dies einen Tag später damit, dass der Erzbischof auf die Liste der Personen gesetzt worden sei, denen die Einreise in Belarus und Russland untersagt sei. Laut der Kirche verstoße die Regierung damit gegen ein Landesgesetz, wonach keinem belarussischen Staatsbürger die Einreise verwehrt werden dürfe.
Vatikanischer Außenbeauftragter Gallagher besucht Belarus
Kondrusiewicz wurde 1946 im belarussischen Adelsk, an der Grenze zu Polen, geboren und besitzt nur die belarussische Staatsangehörigkeit. Er blieb nach der Abweisung an der Grenze zunächst im Nachbarland. Am Sonntag feierte er dann eine Messe im litauischen Marienwallfahrtsort Siluva. Dabei dankte er den Litauern für ihre Gebete für Belarus.
Am Montag forderte der Vatikan die Reigierung in Belarus öffentlich auf, den Minsker Erzbischof wieder einreisen zu lassen. "Wir bestehen darauf, dass der Erzbischof von Minsk in seine Diözese zurückkehren kann, um seiner Herde ein Hirte zu sein", sagte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin dem Pressedienst Zenit.
Dies sei auch ein Anliegen des Besuches von Kurien-Erzbischof Paul Gallagher in Belarus. Noch wisse er nicht, was der vatikanische Außenminister erreicht habe, so Parolin. Sobald Gallagher zurück in Rom sei, werde er ihn fragen. Gallagher war am Freitag überraschend nach Minsk gereist, um dort angesichts der anhaltenden Proteste gegen das Regime von Präsident Alexander Lukaschenko für die Kirche zu vermitteln.
Zuvor hatte auch der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Ludwig Schick, das Einreiseverbot für Kondrusiewicz als inakzeptabel kritisiert. Das Vorgehen der Behörden sei zugleich ein Zeichen dafür, "wie sehr sich die belarussische Regierung von den friedlichen Protesten der vergangenen Wochen bedroht fühlt", erklärte der Bamberger Erzbischof.
Kondrusiewicz habe angesichts der politischen Unruhen in Belarus wiederholt zu Gewaltlosigkeit und Gebeten aufgerufen. Er unterstütze die Forderung, einen Runden Tisch aller gesellschaftlichen Gruppen zur Überwindung der Krise zu organisieren. "Der Erzbischof ist ein Mann des Friedens und des Ausgleichs, der gerade jetzt in Minsk gebraucht wird", betonte Schick.
Er sei überzeugt, dass nur Gespräche und Vereinbarungen zwischen Regierung und Opposition eine weitere Eskalation der angespannten Lage verhindern und eine Lösung herbeiführen könnten, die dem Willen des belarussischen Volkes entspreche. Kondrusiewicz sei "als Vermittler, aber auch als Stimme der im Westen des Landes ansässigen katholischen Minderheit gefragt", so der Weltkirche-Bischof. Auch der Rat der katholischen Bischofskonferenzen Europas (CCEE) hatte die Aufhebung des Einreiseverbots verlangt. Man hoffe auf die "sofortige Heimkehr" des Bischofs und die Wiederaufnahme des Bischofsamtes.
Der Hauptgeschäftsführer des katholischen Osteuropahilfswerks Renovabis, Christian Hartl, bezeichnete das Einreiseverbot als "schwerwiegenden Verletzung des elementaren Menschenrechts auf Reisefreiheit". Die Bundesregierung und die Europäische Union müssten alles in ihrer Macht Stehende tun, damit die belarussische Regierung dieses Verbot umgehend aufhebt, so Hartl.
Lukaschenko: Katholische Kirche betreibt Propaganda
Die katholische Kirche in Belarus sieht sich im Zuge der schweren politischen Krise in Belarus staatlichen Repressionen ausgesetzt. Staatspräsident Lukaschenko warf ihr vor, Propaganda gegen ihn zu betreiben. Der Regierungsbevollmächtigte für Religionsangelegenheiten, Leonid Gulaka, hatte sie erstmals nicht zu einer Sitzung des Interkonfessionellen Rates Ende August eingeladen. Dem Gremium gehören Vertreter der Kirchen, der Juden und Muslime an. Der staatliche Hörfunk strich die Live-Übertragung der katholischen Sonntagsmesse aus dem Programm und brach damit mit einer jahrzehntelangen Tradition.
Mehr als eine Million der 9,4 Millionen Bürger des Landes sind nach Kirchenangaben katholisch. Die Mehrheit der Belarussen sind orthodoxe Christen. (cbr/KNA)