Vatikan gab keine Einzelheiten bekannt

Kardinal Pell nach Missbrauchs-Prozess erstmals beim Papst

Veröffentlicht am 12.10.2020 um 12:34 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Trotz Corona-Beschränkungen war Kardinal George Pell vor knapp zwei Wochen von Australien nach Rom gereist – erstmals seit seinem Freispruch im Missbrauchs-Prozess. Nun hat ihn Papst Franziskus im Vatikan empfangen.

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Der australische Kurienkardinal George Pell ist am Montag von Papst Franziskus zu einer privaten Unterredung empfangen worden. Pell, ehemaliger Finanzchef des Vatikan, war als bislang ranghöchster Kirchenvertreter in seinem Heimatland wegen sexuellen Missbrauchs angeklagt, verurteilt und anschließend in höchster Instanz freigesprochen worden. Die Audienz bei Franziskus war das erste Treffen seit dem Beginn des Gerichtsverfahrens im Juli 2017. Der 79-jährige Kardinal gilt als wichtiger Zeuge in einer Investment-Affäre des vatikanischen Staatssekretariats rund um den vor wenigen Wochen zurückgetretenen Kurienkardinal Giovanni Angelo Becciu.

Der Vatikan gab keine Pressemitteilung zur Anlass und Inhalt der Unterredung heraus, veröffentlichte aber auf seiner Internetseite Vaticannews.va ein kurzes Video von der Begrüßung und dem Gesprächsauftakt in der päpstlichen Privatbibliothek. Demnach fiel die Begegnung zwischen dem Papst und Pell sehr herzlich aus.Franziskus empfing den Kardinal mit einem ausgiebigen Händedruck und den Worten: "Eine Freude, Sie zu sehen." Zur Gesprächseröffnung sagte der Papst: "Danke für das Zeugnis, danke – mehr als ein Jahr ..." Pell hatte bis zur endgültigen Aufhebung seiner Verurteilung mehr als 400 Tage in Haft verbracht.

Pells erster Besuch seit drei Jahren

Pell war am 30. September erstmals seit drei Jahren aus Australien in seine römische Wohnung zurückgekehrt. Zum Grund seiner Reise teilte Pell nichts mit. Vergangene Woche war er ungeachtet einer in Italien geltenden 14-tägigen Quarantänepflicht im Umkreis des Vatikan zu sehen, wo zahlreiche Kurienbüros ihren Sitz haben.

Pells Mandat als Präfekt des Wirtschaftssekretariats endete im Februar 2019. Ausweislich des Päpstlichen Jahrbuchs besitzt er keine weiteren Ämter mehr in der Kurie. Ein mögliches kircheninternes Strafverfahren wegen der Missbrauchsvorwürfe wollte der Vatikan vom Ausgang des Prozesses vor der australischen Justiz abhängig machen. Beobachter gehen davon aus, dass Ermittlungen der zuständigen Kurienbehörde inzwischen eingestellt wurden. Italienische Medien spekulieren, dass bei der Anklage Pells in Australien auch ein Machtkampf mit Becciu eine Rolle gespielt haben könnte. (rom/KNA)

12.10., 19.50 Uhr: Ergänzt um zweiten Absatz.