Für solide Aufklärung bei Missbrauch – nicht nur im Erzbistum Köln
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Gott ist gerecht. Er ist nicht neutral. Er ist parteiisch. Er steht mit heiligem Zorn an der Seite der Entrechteten, Betrogenen, Missbrauchten und Armen. Im Tanach ist immer wieder von diesem Zorn Gottes angesichts des Unrechtes die Rede. Auch Paulus weiß um diese göttliche Solidarität: "Denn der Zorn Gottes wird vom Himmel herab offenbart wider alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten." (Röm 1,18)
Nun hat das Erzbistum Köln gemeinsam mit dem Betroffenenbeirat in einer Presskonferenz mitgeteilt, dass die geplante Veröffentlichung der Missbrauchsuntersuchung einer Münchener Anwaltskanzlei wegen fachlicher Mängel zurückgezogen wurde. Die Veröffentlichung einer Neuuntersuchung durch den Kölner Strafrechtsexperten Prof. Dr. Gercke wird für März 2021 angekündigt. Bemerkenswert ist, dass der Betroffenenbeirat selbst zuerst Enttäuschung und Wut über die Arbeit der Münchener Kanzlei äußerte, mittlerweile aber wieder die Veröffentlichung des Gutachtens fordert.
Wenige kennen das Gutachten der Münchener Anwälte. Fakt ist, dass bei einem aktuellen Fall um einen früher in Wuppertal tätigen Priester die Initiative zur Neuaufnahme des Verfahrens und auch die Anzeige bei den staatlichen Behörden vom Erzbistum Köln ausging. Der Wille zur Aufklärung scheint also grundsätzlich zu bestehen.
Trotzdem wird geraunt, dass der Rückzug der Veröffentlichung der Münchener Anwälte wieder nur Vertuschung sei. Von einem Super-GAU für das Erzbistum Köln ist die Rede. Die Stellungnahme des Betroffenenbeirates hingegen wird selten wahrgenommen oder man behauptet, das Erzbistum würde sich hinter den Betroffenen verstecken. Mit Verlaub: So macht man die Betroffenen erneut zu Opfern und nimmt sie nicht ernst. Was ist, wenn die fachlichen Fehler, die in einem externen juristischen Gutachten bemängelt werden und gegen die sich die Münchener Anwälte natürlich wehren, zutreffen? Hat man dann nicht zu früh geraunt?
Ich gestehe, dass mich das Nicht-Übernehmen von Verantwortung selbst zornig werden lässt. Großes Unrecht wurde und wird immer noch erlitten. Es wird Zeit für eine solide Aufklärung – nicht nur im Erzbistum Köln. Und es wird Zeit, dass sichtbar Verantwortung übernommen wird. Sonst sollte das Glaubensbekenntnis geändert werden, denn eine Kirche, die sich nicht mit denen solidarisiert, denen Unrecht getan wurde, ist keine heilige Kirche, sondern eine Kirche, die sich den Zorn Gottes zuzieht.