Bischöfe nach Nizza: Meinungsfreiheit kann auch Zurückhaltung bedeuten
Mit Blick auf die jüngsten islamistischen Anschläge haben Frankreichs Bischöfe zu Respekt und Solidarität aufgerufen. Die tödlichen Angriffe auf einen Lehrer bei Paris und drei Katholiken in einer Kirche in Nizza schmerzten sie tief und seien "vorbehaltlos" zu verurteilen, heißt es in einer am Samstag veröffentlichten Erklärung der Bischofskonferenz zur Gedenkfeier für die Terroropfer von Nizza. Zugleich appellieren die Bischöfe an alle Landsleute: "Was wäre, wenn wir mit Respekt und Brüderlichkeit anfangen würden?"
Notwendigkeit zu Debatten und Dialogen
Die Freiheit müsse zwar verteidigt werden, aber "bedeutet dies, dass die Meinungsfreiheit keine Zurückhaltung gegenüber anderen kennen und die Notwendigkeit von Debatten und Dialogen ignorieren darf?". Gläubige könnten wie alle Bürger durch Spott und auch durch beleidigende Karikaturen verletzt werden.
Es sei Zeit, darüber nachzudenken, wie öffentliche Institutionen und individuelles Verhalten Respekt und Brüderlichkeit fördern können. "Diese dringende Überlegung muss von den Behörden eingeleitet werden", heißt es in der Erklärung.
Bei der bewegenden Gedenkfeier sagte Frankreichs Premierminister Jean Castex, der Terrorismus greife "unsere Identität..., unsere Freiheit, unsere Kultur und schließlich unser Leben" an. Der Feind sei der radikale Islamismus, eine politische Ideologie, die die muslimische Religion entstelle. "Ein Feind, den die Regierung unerbittlich bekämpft, indem sie sich mit den notwendigen Mitteln ausstattet und täglich alle ihre Kräfte mobilisiert", so der Premierminister.
Castex versicherte der Kirche von Nizza und "der Kirche von Frankreich und allen Katholiken unseres Landes" seine Unterstützung. Die Basilika von Nizza sei errichtet worden, um Reisende und Ausländer willkommen zu heißen. So "entweihte der Terrorist nicht nur einen Ort der Anbetung, er entweihte auch diesen Geist des Willkommens und der Gastfreundschaft, aus dem die Stadt Nizza ein Ideal gemacht hat", so der Premierminister.
Bei einem Messerangriff eines islamistischen Attentäters am 29. Oktober in der katholischen Basilika waren der Mesner der Kirche und zwei Frauen getötet und sechs weitere Personen verletzt worden. Die Fotos der Opfer waren bei der Zeremonie aufgestellt. Keine religiöse Feier sei ein Vergehen in einer säkularen Republik, unterstrich der Premierminister.
Laut den Ermittlern handelte der 21-jährige Angreifer aus islamistischen Motiven. Er wurde von Sicherheitskräften mehrfach angeschossen und befindet sich demnach in kritischem Zustand in einem Krankenhaus in Paris.
Am Donnerstag war bekanntgeworden, dass Papst Franziskus die Familien der Opfer empfangen will. Er hatte das Attentat aufs Schärfste verurteilt und das französische Volk zur Einheit aufgerufen. (gho/KNA)