Kölner Erzbischof versteht aber Enttäuschung und Vertrauensverlust

Kardinal Woelki verteidigt Neuvergabe von Missbrauchsstudie

Veröffentlicht am 08.11.2020 um 09:40 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Statt eine bereits fertige Studie zu veröffentlichen hat das Erzbistum Köln ein neues Gutachten in Auftrag gegeben. Dafür gebe es gute Gründe, sagt Kardinal Woelki – auch wenn manche wohl den Eindruck hätten, hier solle ein Gutachten verschwinden.

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Der Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki verteidigt die Entscheidung, dass ein neuer Gutachter die Missbrauchsstudie für das Erzbistum Köln erstellt. Er verstehe, wenn die erneute Verschiebung der Untersuchung zu Enttäuschung, Verunsicherung und Vertrauensverlust führe, sagte der Erzbischof am Sonntag dem kirchlichen Kölner Internetportal domradio.de". Experten hätten aber "klar den Hinweis" gegeben, dass das bislang nicht veröffentlichte Erstgutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) untauglich sei.

Woelki: Manche Menschen haben das Gefühl, ein Gutachten soll verschwinden

Manche Menschen hätten nun "das Gefühl, hier solle ein Gutachten verschwinden, weil es ehemaligen und heutigen Verantwortungsträgern nicht gefällt". Viele hätten "nicht mehr das Zutrauen, dass wir die Aufarbeitung der Verantwortlichkeiten ernst nehmen". Es gehe ihm aber um eine "ehrliche Anerkennung des Leids der Betroffenen" und eine "wirksame Prävention von sexueller Gewalt in unserem Bistum".

Das Erzbistum Köln hatte Ende Oktober überraschend mitgeteilt, es habe den Kölner Strafrechtsexperten Björn Gercke mit einer neuen Untersuchung zum Thema Missbrauch beauftragt. Zugleich wurde darüber informiert, dass das WSW-Gutachten wegen methodischer Mängel nicht veröffentlicht wird. Die Rechtsanwälte hatten im Dezember 2018 den Auftrag erhalten. Die im März angesetzte Präsentation wurde kurzfristig abgesagt, um die geplante Benennung von Fehlverhalten ehemaliger oder aktiver Entscheidungsträger noch rechtlich abzusichern. Gercke will seine Expertise spätestens am 18. März 2021 vorlegen.

Woelki: Namen der Verantwortlichen nennen

"Das neue Gutachten wird dazu beitragen, Klarheit zu schaffen und den Blick auf die gemeinsamen und unveränderten Ziele zu lenken", so Woelki gegenüber domradio.de. Dazu gehöre, mögliche Fehler sowie Versäumnisse von Verantwortlichen zu ermitteln und die Namen der Verantwortlichen zu benennen. "Aber ganz wichtig ist auch das Feststellen der organisatorischen, strukturellen oder systemischen Fehler und Versäumnisse der Kirche", betonte der Erzbischof. "Wenn wir diese genau kennen, wenn diese aufgezeigt sind, können wir gemeinsam den Weg der Veränderung und Verbesserung gehen."

Auf die Neuvergabe hatte es unterschiedliche Reaktionen und auch Kritik gegeben. Die Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl erklärte, man sei jederzeit bereit gewesen, die Bedenken zu prüfen und gegebenenfalls zu berücksichtigen. Die Ausführungen dazu von der vom Erzbistum beauftragten Kanzlei seien "Westpfahl Spilker Wastl" erst sehr kurzfristig übermittelt worden, ebenso ein Gutachten zu den methodischen Standards. (gho/epd/KNA)