Polens Bischöfe: Vatikan soll Vorwürfe gegen Dziwisz klären
Angesichts neuer Vertuschungsvorwürfe gegen Kardinal Stanislaw Dziwisz im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch setzt die Polnische Bischofskonferenz auf den Vatikan. Ihr Vorsitzender, Erzbischof Stanislaw Gadecki, sagte am Dienstag, er hoffe, dass alle in einer TV-Reportage am Montagabend angeführten Fragen durch die zuständige Kommission des Apostolischen Stuhls geklärt werden. "Gleichzeitig möchte ich darauf hinweisen, dass die Kirche in Polen dem Kardinal für seinen langjährigen Dienst an der Seite des heiligen Johannes Paul II. dankbar ist", fügte er hinzu.
Dziwisz war Privatsekretär von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) und anschließend bis 2016 Erzbischof im südpolnischen Krakau. In der Reportage "Don Stanislao. Das andere Gesicht von Kardinal Dziwisz" wird der 81-Jährige beschuldigt, Hinweise auf sexuellen Kindesmissbrauch ignoriert und vertuscht zu haben. Dziwisz schlug am Montagabend erneut eine unabhängige Untersuchungskommission zu Vorwürfen gegen ihn vor. "Ich möchte eine transparente Aufklärung dieser Fragen", so der Kardinal in einer schriftlichen Erklärung. "Es geht nicht darum, eventuelle Versäumnisse zu beschönigen oder zu verheimlichen, sondern darum, Fakten ehrlich darzustellen."
Zahlte McCarrick Geld an Dziwisz?
In der TV-Sendung wird Dziwisz vorgeworfen, von sexuellem Kindesmissbrauch durch den Gründer der Legionäre Christi, Marcial Maciel Degollado (1920-2008), und dem früheren US-Kardinal Theodore McCarrick gewusst und beide dennoch gestützt zu haben. Der US-Amerikaner James Grein sagte, McCarrick habe 1988 für eine Privataudienz mit Papst Johannes Paul II. 10.000 Dollar an Dziwisz gezahlt. Grein wurde nach eigenen Angaben seit seinem elften Lebensjahr über fast ein Vierteljahrhundert von McCarrick sexuell missbraucht. Bei der gemeinsamen Papstaudienz im Juli 1988 habe er den damaligen Erzbischof von Newark entlasten sollen.
Papst Franziskus entließ McCarrick im Juli 2018 aus dem Kardinalskollegium und im Februar 2019 aus dem Klerikerstand. Im Herbst 2018 ordnete Franziskus eine Untersuchung des Falls durch das Staatssekretariat an. Den Untersuchungsbericht veröffentlichte der Vatikan ebenfalls am Dienstag. Demnach beteuerte McCarrick in einem persönlichen Brief an Dziwisz im August 2000, "niemals sexuelle Beziehungen mit einer Person – Mann oder Frau, jung oder alt, Kleriker oder Laie" gehabt zu haben. Johannes Paul II., der den Brief an Dziwisz las, habe McCarrick geglaubt. Dies, so der Bericht, sei auch dem Umstand geschuldet, dass der Papst aus seiner Zeit in Polen viele Fälle von Verleumdungen gegen Kleriker kannte.
Dziwisz betonte nun, das Wohlergehen der Betroffenen sei von größter Bedeutung. Kinder und Jugendliche dürften in der Kirche nie wieder das Unrecht erleiden, das ihnen in der Vergangenheit angetan worden sei. Bereits im September hatte er sich für ein unabhängiges Untersuchungsgremium ausgesprochen, die Bischofskonferenz ging darauf aber bislang nicht ein. Zuvor hatte ihm ein Priester vorgeworfen, er hätte seinerzeit als Erzbischof von Krakau Missbrauchsfälle dem Vatikan melden müssen, habe das jedoch unterlassen. (tmg/KNA)