Staatsleistungen an Kirchen: Viele Länder sehen keinen Handlungsbedarf
In der Debatte um ein Ende der sogenannten Staatsleistungen an die Kirchen sieht eine Mehrheit der Bundesländer offenbar keinen aktuellen Handlungsbedarf. Nur eine Minderheit der 14 betroffenen Länder signalisiere grundsätzlich Bereitschaft zur Ablösung der Zahlungen, berichtet die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf Recherchen bei den für Kirchenfragen zuständigen Ministerien. Die Bundesländer Bremen und Hamburg zahlen keine Staatsleistungen an die Kirchen.
Demnach zeigen sich fünf Länder bereit zur Ablösung, falls der Bundestag ein von der Verfassung vorgesehenes Gesetz beschließen sollte. Einen Entwurf für ein solches Gesetz haben FDP, Grüne und Linke im Parlament eingebracht. Dazu teilte das rheinland-pfälzische Ministerium für Kultur und Wissenschaft der Wochenzeitung mit: "Sollte aufgrund des angesprochenen Antrages im Bundestag ein entsprechendes Gesetz verabschiedet werden, wird die Landesregierung selbstverständlich den daraus resultierenden Verpflichtungen nachkommen." Ähnlich lauteten dem Blatt zufolge die Rückmeldungen aus dem Saarland sowie aus Hessen, NRW und Berlin.
Nicht interessiert an einer solchen Lösung sind laut "Welt am Sonntag" Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern. "Unser Ministerium sieht keinen Grund, an der aktuellen Gesetzeslage etwas zu ändern", so ein Sprecher des Kulturministeriums in Kiel. Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner (CDU) sagte, zur Einmal-Zahlung "wäre Sachsen-Anhalt, wie die meisten anderen Bundesländer auch, nur mit großen Kraftanstrengungen in der Lage".
Nach den Worten von Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) übernehmen die Kirchen wichtige Aufgaben im Bereich Pflege und Soziales sowie als Schul- und Kitaträger. Es sei zu befürchten, dass diese "ganz wichtige gesellschaftliche Arbeit ohne Unterstützung womöglich wegbricht".
Etwa eine halbe Milliarde Euro an Zahlungen für beide Kirchen zusammen
Für die beiden großen Kirchen zusammen machen die Staatsleistungen 2020 etwa 550 Millionen Euro aus; davon gehen etwa 60 Prozent an die evangelischen Landeskirchen. Die Weimarer Verfassung von 1919 bestimmte, dass diese Leistungen abzulösen sind. Das Grundgesetz übernahm nach dem Zweiten Weltkrieg in Artikel 140 diese Verpflichtung.
Die meisten Staatsleistungen gehen zurück auf das Jahr 1803. Damals erhielten deutsche Reichsfürsten für Gebietsverluste auf der linken Rheinseite Kirchengüter auf der rechten Rheinseite als Entschädigung. Die Fürsten verpflichteten sich im Gegenzug, den Kirchen regelmäßige Dotationen zu gewähren.
Die Grundsätze für eine Ablösung muss der Bund regeln. Dem Entwurf von FDP, Linke und Grünen zufolge soll sich die Ablösezahlung höchstens das 18,6-Fache des jeweiligen Zahlungsbetrags von 2020 betragen. Somit wäre maximal ein Einmalbetrag von 10,2 Milliarden Euro fällig. Zusätzlich müssten die Länder 20 Jahre lang ihre bisherigen Leistungen weiterzahlen.
Die Kirchen haben sich in der Vergangenheit grundsätzlich aufgeschlossen für eine Änderung gezeigt. Der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, sagte Anfang des Monats, der vorgelegte Gesetzentwurf biete hilfreiche Anknüpfungspunkte. Allerdings sollten "unbedingt Vertreter der Bundesländer und der Kirchen hinzugezogen werden". Ihre Einbeziehung stelle sicher, dass bestehende Vereinbarungen sowie regionale Unterschiede Berücksichtigung fänden. (rom/KNA)