Landkreis Hildburghausen ist Corona-Super-Hotspot

Neymeyr kritisiert staatliches Gottesdienstverbot "ohne Rücksprache"

Veröffentlicht am 30.11.2020 um 09:48 Uhr – Lesedauer: 

Erfurt/Hildburghausen ‐ Im Corona-Super-Hotspot Hildburghausen seien Schutzmaßnahmen unumgänglich, sagt Bischof Ulrich Neymeyr. Doch befremde es, dass nun "Gottesdienstverbote ohne jede Rücksprache mit den Kirchen erfolgt sind, noch dazu am Vorabend des ersten Advents".

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Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr hat das Corona-bedingte Verbot von Gottesdiensten im Landkreis Hildburghausen kritisiert. Angesichts der dramatischen Lage und Entwicklung der Infektionszahlen sei es nachvollziehbar, dass der Landkreis seine Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung ausweite, räumte Neymeyr am Sonntag in Erfurt ein. "Allerdings befremdet es, dass die faktischen Gottesdienstverbote ohne jede Rücksprache mit den Kirchen erfolgt sind, noch dazu am Vorabend des ersten Advents", betonte der Bischof des Bistums Erfurt zugleich.

Das Grundgesetz schütze die freie Ausübung der Religion, so Neymeyr. "Das ist ein hohes Gut, kein beliebiges." Die Kirchen hätten in der Corona-Krise bisher in ihrem Bereich das Mögliche getan, um dem Schutz der Allgemeinheit vor dem Virus gerecht zu werden und zugleich die Feier von Gottesdiensten zu ermöglichen. Das zeigten die strengen Hygienekonzepte für Gottesdienste und Gemeindeveranstaltungen mit Teilnahmebeschränkungen.

Kirche will Gespräche suchen

Der Bischof räumte ein, dass der Schutz der Bevölkerung vor dem Virus und die Achtung von Grundrechten ein Balance-Akt seien. "Ich hätte es daher begrüßt, wenn, wie bisher immer von staatlicher Seite geschehen, der Landkreis das Gespräch mit den Kirchen vor dem Erlass der aktualisierten Allgemeinverfügung gesucht hätte", erklärte Neymeyr. Er kündigte an, dass die katholische Kirche an diesem Montag zu Gesprächen auf den Landkreis Hildburghausen zugehen wolle.

Seit Mittwoch gilt in der südthüringischen Region ein harter Lockdown mit strengen Ausgangsbeschränkungen. Kitas und Schulen bleiben geschlossen. Die Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche lag zuletzt bei etwa 600. (tmg/KNA)

UPDATE (18.30 Uhr): Bistum und Landkreis haben Differenzen ausgeräumt

Ihre Differenzen über die kurzfristig erlassenen Gottesdienstverbote haben der südthüringische Landkreis Hildburghausen und die Kirchen vorerst ausgeräumt. Landrat Thomas Müller (CDU) habe sein Bedauern zum Ausdruck gebracht, vor der Ausweitung der Anti-Corona-Maßnahmen nicht das Gespräch mit den Kirchen gesucht zu haben, erklärte am Montag das Bistum Erfurt. Zuvor hatte es ein Treffen des Landrats mit dem katholischen Pfarradministrator in Hildburghausen, Domkapitular Winfried Mucke, und dem evangelischen Pfarrer Hartwig Dede gegeben.

Damit sei das von Bischof Ulrich Neymeyr am Sonntag geäußerte Befremden über das seit demselben Tag in dem Landkreis geltende Versammlungsverbot, das auch für Gottesdienste gilt, ausgeräumt, so das Bistum. Entsprechend hatte auch der evangelische Landesbischof Friedrich Kramer die Entscheidung des Landrats kritisiert, sich mit den Kirchen nicht vorab darüber abzustimmen.

Die Infektionslage in Hildburghausen sei "so bedrohlich und extrem angespannt wie nirgends sonst in Deutschland", betonte das Bistum. Daher könne die katholische Kirche "schweren Herzens mittragen, bis zur Besserung der Lage die Feier von Gottesdiensten auszusetzen". Wörtlich erklärte Bischof Neymeyr dazu: "In Hildburghausen ist das Infektionsgeschehen außer Kontrolle. Wir können dort nicht im Gottesdienst das Leben feiern und zugleich Menschen der Gefahr aussetzen, sich mit dem Coronavirus zu infizieren." Wie das Bistum weiter betonte, waren sich Staat und Kirchen einig, dass Gottesdienste möglichst bald wieder erlaubt werden sollten, wenn das Infektionsgeschehen dies wieder zulasse. (KNA)