Podcast-Priester: Mit "Taufbolde" mehr erreicht als mit mancher Predigt
Seit rund 12 Jahren sind Christoph Hendrix und Ralf Meyer miteinander befreundet. Seit zwei Jahren nehmen die beiden jungen Priester als "Taufbolde" in ihrer Freizeit gemeinsam Podcasts und Videos auf. Im Interview erklären Sie auch, warum gerade Priester sich über Glaubensthemen lustig machen dürfen.
Frage: Herr Hendrix, Herr Meyer, wie sind Sie auf die Idee gekommen, als "Taufbolde" Videos und Podcasts aufzunehmen?
Hendrix: Es war eine unalkoholische Schnapsidee (lacht). Bei einem Spieleabend mit einem befreundeten Pärchen sagte der Kollege nachts beim Ausrollen des Schlafsacks zu mir: "Was hältst du davon, wenn wir einen Podcast starten?" Als Duo waren wir vorher schon im Karneval oder als Dialogprediger unterwegs – und wurden manchmal gefragt, ob man uns buchen kann. Wir haben uns gedacht: Wenn es den Leuten gefällt, wie wir miteinander interagieren, dann können wir das doch auch allen zugänglich machen. Dabei haben wir festgestellt, dass es zu dem Zeitpunkt noch keinen Podcast von Priestern im deutschsprachigen Raum gibt.
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Frage: Und wie kamen Sie auf die Idee zum Namen "Taufbolde"?
Meyer: Wir haben lange überlegt, was wir brauchen und was uns ausmacht und immer wieder irgendwelche Ideen hin und her gespielt. Unsere Idee war, die gemeinsame Taufe nach vorne zu stellen. Es kommt nicht auf die Priesterweihe an, um über Glauben zu sprechen, sondern auf die gemeinsame Taufe. Für den Vorschlag "Taufbolde" haben wir die beste Resonanz bekommen – und es gab noch keine Suchtreffer bei Google dafür.
Frage: Sie unterhalten sich auf Ihren Kanälen über ganz unterschiedliche Themen: Mal über Glaubensthemen, mal erzählen Sie die Weihnachtsgeschichte und mal kommentieren Sie Harry-Potter-Filme. Welches Konzept steckt dahinter?
Hendrix: Theologen schwadronieren ja gerne darüber, Gott in allen Dingen zu entdecken. Wir nehmen das radikal ernst und ziehen es in allen Bereichen des Lebens ohne Grenzen durch.
Meyer: Der Podcast ist nicht Teil unseres Berufs, sondern ein Hobby. Wir machen das, worauf wir Lust haben und was wir auch ohne den Podcast tun würden. Im Grunde zeichnen wir auf, was wir sowieso miteinander besprechen würden und stellen das dann zur Verfügung
Hendrix: Wir haben den Podcast deshalb schon in ganz unterschiedliche Situationen mitgenommen: Es gibt eine Folge aus Taizé, aber genauso auch eine Folge vom Parkplatz beim Hurricane-Festival. Das war ein Aspekt, der uns wichtig war: Wir haben bis heute nichts gekünstelt für Podcast oder Videos. Wir haben einfach das gemacht, was wir auch ohne Kamera oder Mikrofon sonst tun würden.
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Frage: In Ihren Videos und Podcasts nehmen Sie oft Aspekte von Glauben und Religion auf die Schippe. Dürfen zwei katholische Priester das überhaupt?
Meyer: Ja. (lacht) Ich frage mal andersherum: Wer, wenn nicht wir? Wir sind theologische Profis und Seelsorger. Wir wissen genau, wo die Grenze zum Ernsten liegt. Das beweisen wir auch in den Folgen, in denen wir bestimmte Punkte eben nicht auf die Schippe nehmen und zeigen, wie wichtig uns das Kernthema Glaube bei anderen und auch bei uns ist. Wenn wir uns über bestimmte Dinge lustig machen, dann liegt das auch daran, dass wir wissen, wo die Grenzen sind...
Hendrix: …und wo es gewissen Themen auch guttut. Es gehört zum Setting des Podcasts und der Videos, das wir das tun. Wir sind keine Dozenten. Wir wollen nichts referieren, das dann eins zu eins geschluckt werden muss, sondern zu Diskussionen anregen. Um es hochgestochen zu formulieren: Es geht auch darum, Amtsträger zu erleben, die einen anderen Blickwinkel haben.
Frage: Haben Sie Sorge, dass sich der Bischof eine Folge von Ihnen anhört und sagt: Das ist nicht das, was ich von zwei jungen Priestern aus meinem Bistum erwarte?
Hendrix: Ich glaube, Bischof Felix würde von uns beiden genau das erwarten, was wir da machen (lacht). Er wäre bestimmt überrascht, wenn wir den Podcast anders aufbauen würden. Er kennt uns ja: Als wir beide im ersten Semester waren, ist er gerade Bischof in Münster geworden. Wir haben ihn aber nicht um Erlaubnis gefragt. Das Bistum Münster mag uns sogar sehr gerne – das haben wir aber auch erst mitbekommen, als der Podcast schon eine Zeit lief.
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Frage: Welche Rückmeldungen bekommen Sie von Ihren Zuhörern und Zuschauern?
Meyer: Inhaltlich hören wir oft: "Ihr seid so locker drauf. So einen Pfarrer hätten wir gerne auch hier in der Gemeinde." Ganz viele Personen identifizieren sich über die Hauptamtlichen, die sie kennengelernt und die sie zum Glauben gebracht haben. Und wenn es daran vor Ort mangelt, ist das vielleicht erfrischend für den einen oder die andere, einen Podcast zu hören, wo es ein bisschen ungewöhnlich ist.
Hendrix: Im März haben mehrere Familien unsere Podcasts als Ersatz für die Erstkommunionvorbereitung genommen, weil durch den ersten Lockdown die Katechese ausfiel. Dann bekamen wir da nachher Nachrichten: Wir haben mit unseren Kindern im Auto den Podcast gehört und anschließend über die Themen gesprochen. So bereiten wir sie jetzt auf die Kommunion vor. Das war eine unerwartete, aber ziemlich geile Rückmeldung.
Frage: In der Kirche wird aktuell häufig über Neuevangelisierung diskutiert, gerade wenn es um kirchliche Erneuerungsprozesse geht. Ist das etwas, was man mit einem lustigen Podcast erreichen kann?
Meyer: Auf jeden Fall. Neuevangelisierung heißt für mich, Gott in den Alltag hineinzubringen. Das ist das, was wir anstoßen wollen. Glaube lebt vom Austausch und von persönlichen Erfahrungen. Wir beenden die Folgen ganz selten mit einer Lösung, sondern hauen jede Menge Theorien und Argumente raus und wollen unsere Zuhörerinnen und Zuhörer so zum Weiterdenken anregen. Dadurch tragen wir die Gedanken in den Alltag der Menschen und in die Köpfe.
Hendrix: Viele Leute haben ja auch Interesse an Fragen des Glaubens und der Kirche. Auf ein Video von uns zur Weihnachtsgeschichte haben wir die Rückmeldung bekommen, dass jemand beim Aufbauen der Krippe plötzlich verstanden hat, warum Ochse und Esel dort stehen. Wir haben das nur kurz in einem Nebensatz erwähnt, aber in dem Haushalt wurde dann darüber gesprochen. Wir haben auch eine Live-Folge zu unseren Primiz-Sprüchen gemacht und ich kenne Familien, die sich danach dann am Küchentisch über diese Bibelstellen ausgetauscht haben. Wenn wir es schaffen, dass Glaube im Alltag ein Gesprächsthema ist, dann haben wir in dem Moment deutlich mehr erreicht als mit mancher Sonntagspredigt.