BAMF entschärft Regeln für Kirchenasyl
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) behandelt Menschen im Kirchenasyl künftig nicht mehr automatisch wie untergetauchte Asylbewerber. Das geht aus einem Merkblatt hervor, das das Amt am Dienstag an die Träger von Kirchenasylen verschickt hat. Laut dem Merkblatt, das katholisch.de vorliegt, werden bei sogenannten "Dublin-Kirchenasylen" die Überstellungsfristen bei länderübergreifenden Asylverfahren in der EU nicht mehr verlängert.
Das Asylverfahren nach der Dublin-III-Verordnung der EU sieht vor, dass Asylanträge in dem EU-Staat bearbeitet werden, den die betroffene Person zuerst betreten hat. Bei Überschreitung einer Frist von in der Regel sechs Monaten ist stattdessen das Aufenthaltsland zuständig. Die Verordnung sieht zwar eine Möglichkeit der Verlängerung der Frist vor, wenn Menschen flüchtig sind. Dass diese Möglichkeit aber auch bei Fällen von Kirchenasyl angewendet wird, bei denen der Aufenthaltsort der betroffenen Personen bekannt ist, wurde in den vergangenen Jahren von Kirchen und Kirchenasyl-Netzwerken scharf kritisiert.
In dem Merkblatt des BAMF heißt es, dass die verlängerte 18-monatige Frist nur noch in Fällen angewandt wird, in denen eine Ausländerbehörde die abgelehnten Asylbewerber als "unbekannt verzogen" meldet, bevor die Kirchenasylmeldung beim BAMF eingeht oder wenn die Ausländerbehörde oder Kirchenvertreter ein Kirchenasyl melden, ohne den konkreten Aufenthaltsort der betroffenen Person zu nennen.
Konflikte zwischen Kirche und Staat um das Kirchenasyl
Die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche begrüßte den neuen Umgang des BAMF. In einer am Mittwoch veröffentlichten Pressemitteilung bezeichnete die Vorsitzende des Netzwerks Dietlind Jochims den Entscheid als "überfällig". "Wir hoffen nun, dass er insgesamt eine Rückkehr zu einer lösungsorientierten Verständigung über humanitäre Härtefälle einleitet", so die Pastorin. "Die Anwendung der Verlängerungsregelung haben wir von Anfang an für rechtswidrig gehalten."
Im Juni 2018 hatte die Innenministerkonferenz Maßnahmen zur Verschärfung im Umgang mit Kirchenasyl beschlossen, darunter die grundsätzliche Verlängerung der Überstellungsfrist für Menschen im Kirchenasyl. Mehrere Gerichte, zuletzt das Bundesverwaltungsgericht im Juni 2020, hatten festgestellt, dass Menschen im offenen Kirchenasyl nicht als untergetaucht oder flüchtig gelten und eine Verlängerung der Dublin-Überstellungsfrist aufgrund des Aufenthalts im Kirchenasyl daher rechtswidrig sei.
Um die Praxis des Kirchenasyls ist es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Konflikten gekommen. Zwar gibt es seit 2015 eine Vereinbarung zwischen Staat und Kirchen, die ein Verfahren regelt. Insbesondere mit der Verschärfung des Vorgehens durch die Innenministerkonferenz 2018 sank die Zahl der Anerkennung von Härtefällen allerdings. Während Kirchenvertreter an der Notwendigkeit von Kirchenasyl festhalten, betonte das BAMF in der Vergangenheit, dass durch eine bessere und frühzeitige Prüfung von Härtefällen der Bedarf für Kirchenasyle gesunken sei. (fxn)