Wo geht Joe Biden als Präsident in Washington zur Messe?
Der 46. Präsident der USA ist nach John F. Kennedy erst der zweite katholische Amtsinhaber. Selbst wenn es zur guten Tradition gehört, in der St. John's Episcopal Church gleich auf der anderen Seite des "Black Live Matter"-Platzes zu beten, scheidet die "Präsidentenkirche" für Joe Biden als neues spirituelles Zuhause aus. Der regelmäßige Messgänger kann dort nicht die heilige Kommunion empfangen. Doch es mangelt nicht an Alternativen. In der Nähe des Weißen Hauses bieten sich gleich mehrere katholische Gotteshäuser an, die den Präsidenten nur zu gerne willkommen hießen. Ein entscheidendes Kriterium für Bidens Kirchenwahl könnte die Nähe zum Weißen Haus sein.
Kennedys Mutter Rose empfahl ihrem Sohn einst, auch als Präsident regelmäßig zur Messe zu gehen. Der nach eigenen Angaben tiefgläubige Biden braucht solche Ermahnungen nicht, um die Nähe seiner neuen Gemeinde zu schätzen. Ganz vorn im Rennen liegt die Holy Trinity Catholic Church im nahen Georgetown. Als Vize-Präsident Barack Obamas ging er dort regelmäßig zum Gottesdienst und pflegte enge Kontakte zu den dortigen Jesuiten. Kaum infrage kommt das katholische Informationszentrum in der K-Street, das sich rühmt, den am nächsten gelegenen Tabernakel zum Weißen Haus anzubieten. Die vom Opus Dei geleiteten Kapelle war in der Trump-Ära ein Magnet konservativer Katholiken wie etwa Justizminister William Barr.
Sicherheit des Präsidenten wichtige Frage bei Kirchgang
Noch wichtiger als die räumliche Nähe ist die Frage, ob der Standort und das Gebäude selbst geeignet sind für die Sicherheits-Entourage des US-Präsidenten. Kennedy besuchte deshalb häufig die St. Matthew's Cathedral in der Innenstadt. Wohler fühlte er sich aber in der St. Stephen Martyr, in der er auf Rat des Secret Service in Reihe sieben seinen Stammplatz hatte - falls er die Kirche unvorhergesehen verlassen musste.
Für Biden kommt die Kathedrale infrage, da sie Sitz des Erzbischofs von Washington, Kardinal Wilton Gregory, ist, der ihm freundlich gesinnt ist. Dass ihm dort jemand die Kommunion verweigern könnte, weil der neue Präsident die Legalität von Schwangerschaftsabbrüchen verteidigt, hält John Hurley, einer der Priester der Kathedrale, für unwahrscheinlich.
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Schließlich ist da auch noch die Frage, wie sich ein regelmäßiger Präsidentenbesuch auf die Kirchengemeinde auswirkt. Luis Leon, langjähriger Pfarrer in der St. John's Episcopal Church, erinnert sich, wie die "President's pew", die Kirchenbank des Präsidenten, fast umkippte, weil sich die Gottesdienstbesucher darum drängelten, dem ersten Mann im Staate die Hand beim Friedensgruß zu reichen. Biden kann sich in der Kirchenfrage an seinen Amtsvorgängern nicht orientieren - jeder setzte ganz eigene Akzente.
Um die eifersüchtige Rivalität zwischen den Gemeinden zu besänftigen, legte sich Barack Obama nicht auf eine Dauer-Adresse für seine Gottesdienstbesuche fest, sondern wechselte die Gemeinden von Sonntag zu Sonntag. George W. Bush bevorzugte Gottesdienste mit Militärangehörigen in Camp David. Bill Clinton entschied sich für die Washingtoner Foundry Methodist Church an der 16ten Straße, Jimmy Carter besuchte nicht nur die First Baptist Church in D.C., er unterrichtete sogar an deren Sonntagsschule.
Trump verbrachte Sonntage oft auf Golfplatz
Donald Trump, der sich rühmte, der christlichste aller US-Präsidenten zu sein, verbrachte die Sonntage zumeist auf dem Golfplatz. Dafür umgab er sich vier Jahre lang mit evangelikalen Predigern im Weißen Haus. Einer seiner eher seltenen Kirchenbesuche wird allerdings in Erinnerung bleiben. Er ließ den damals noch Lafayette-Platz genannten Park vor dem Weißen Haus vergangenen Sommer mit Schlagstöcken und Tränengas von friedlichen Black Lives Matter-Demonstranten räumen, um vor der Präsidentenkirche ein Foto von sich mit der Bibel in der Hand aufnehmen zu lassen.
Große Symbolik hätte Bidens Entscheidung, wenn er sich für die St. Augustine Church entschiede. Das 1858 gegründete Gotteshaus ist die älteste schwarze katholische Kirche in der Hauptstadt der Nation. Angesichts seiner engen Beziehungen zu den Jesuiten von Georgetown wäre das gewiss eine Überraschung. Es wäre das unmissverständliche Signal des zweiten Katholiken im Weißen Haus an eine Nation, die nach vier Jahren Trump tief gespalten ist.