Autor des Kölner Missbrauchsgutachtens weist Bistumsvorwürfe zurück
Der vom Erzbistum Köln mit der Aufklärung von Vertuschung und Missbrauch ursprünglich beauftragte Rechtsanwalt Ulrich Wastl wehrt sich gegen Vorwürfe anderer Juristen und des Erzbistums, sein Gutachten weise methodische Mängel auf. "Wir haben nicht gepfuscht", betont Wastl in einem Interview mit der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" (Donnerstag) mit Blick auf die 2018 in Auftrag gegebene und inzwischen fertiggestellte Studie. Dieses Gutachten hält das Erzbistum aber entgegen ursprünglicher Ankündigung unter Verschluss und kündigte im vergangenen Jahr die Zusammenarbeit mit der Kanzlei auf.
Der Anwalt der Münchener Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl weist vor allem den vom Erzbistum im März vergangenen Jahres vorgebrachten Vorwurf zurück, das Gutachten werde dem "Anspruch der Betroffenen" nicht gerecht. Diese Aussage mit Bezugnahme auf Betroffene habe ihn überrascht, sagt Wastl. "Denn von ihnen hätte uns das - Sie sehen es am Konjunktiv, was ich davon halte - nun wirklich überrascht."
Wastl, der inzwischen auch ein Missbrauchs-Gutachten zum Bistum Aachen vorlegte und ein Fortsetzungsgutachten im Auftrag des Bistums München und Freising erstellt, unterstreicht die Besonderheiten im Verhalten der Kölner Bistumsleitung. Seine Kanzlei sei in den letzten 30 Jahren häufig an Schnittstellen tätig gewesen, an denen es zu Konflikten kommen kann. "Aber ein derartiges Verhalten haben wir noch nicht erlebt."
Nein zum Gutachten als "Gewaltangriff" empfunden
Als im vergangenen Oktober der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki ankündigte, dass das Gutachten unter Verschluss bleibe, sei er "baff" gewesen, schildert der Rechtsanwalt. "Weil gänzlich anderes besprochen war." Er habe sich gesagt: "Das ist ein Gewaltangriff." Und so sei es auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen worden.
Auf die Frage, ob er einen Rücktritt des Kardinals befürworte, antwortet Wastl: "Ich sage es ehrlich: Es ist mir egal. Kardinal Woelki soll das Gutachten veröffentlichen, dann kann sich jeder ein Bild machen. Ich hege keine Rachegefühle." Der Anwalt behält sich vor, das Gutachten auf der Homepage seiner Kanzlei zu veröffentlichen. Dass er das noch nicht tue, habe mit seinem anwaltlichen Selbstverständnis zu tun. Er werde aber für die Veröffentlichung kämpfen. "Es geht auch um Gerechtigkeit." Aus vielen Gesprächen mit Betroffenen habe er die Überzeugung gewonnen, dass viele nur durch die Nennung von Verantwortlichen Ruhe finden könnten.
Woelki hatte die Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl 2018 mit einem unabhängigen Gutachten beauftragt, das Verantwortliche für Missbrauch und Vertuschung im Erzbistum Köln ausdrücklich benennen sollte. Am 30. Oktober des vergangenen Jahres erklärte der Kardinal jedoch, das fertige Gutachten wegen methodischer Mängel und rechtlicher Bedenken nicht zu veröffentlichen. Unter anderem seien Namensnennungen in dem Gutachten nicht rechtssicher. (epd)