Pfarrei fordert "externe Begutachtung" des Erzbistums Köln

ZdK-Vize: Kölner Missbrauchsgutachten sofort veröffentlichen

Veröffentlicht am 03.02.2021 um 09:27 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ "Wir können nicht mehr bis zum 18. März warten", sagt ZdK-Vizepräsidentin Claudia Lücking-Michel und mahnt zur sofortigen Veröffentlichung des Kölner Missbrauchsgutachtens. Indes fordert eine Kölner Pfarrei eine "externe Begutachtung" des Erzbistums.

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Die Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Claudia Lücking-Michel, fordert Kardinal Rainer Maria Woelki und das Erzbistum Köln auf, das bisher zurückgehaltene Missbrauchsgutachten sofort zu veröffentlichen und nicht länger auf das angekündigte neue Gutachten zu vertrösten. "Wir können nicht mehr bis zum 18. März warten", sagte die Theologin und CDU-Politikerin am Mittwoch im ARD-Morgenmagazin. In der aktuellen Vertrauenskrise helfe nur noch "völlige Transparenz und Übernahme von Verantwortung" und kein "Verstecken hinter Gutachten und Gegengutachten".

Auf die Frage, ob Woelki zurücktreten müsse, antwortete Lücking-Michel, sie erwarte, dass alle Verantwortlichen persönlich Verantwortung übernähmen. Dazu bräuchten sie auch keine anwaltliche Hilfe, schließlich wüssten sie selbst am besten, was sie getan oder unterlassen haben. Wenn ein Bischof das Vertrauen verliere, müsse er aber gegebenenfalls auch dem Papst seinen Rücktritt anbieten. Er sei auch nicht nur Rom und seinen Bischofskollegen verantwortlich, sondern vor allem den Gläubigen.

Woelki und die gesamte Bistumsleitung stehen in der Kritik, weil sie ein Gutachten einer Münchner Anwaltskanzlei zum Umgang der früheren und heutigen Bistumsverantwortlichen mit Missbrauchsfällen nicht wie vorgesehen veröffentlichen lassen. Das Papier habe "methodische Mängel", heißt es zur Begründung. Woelki beauftragte daher einen neuen Gutachter, der seine Untersuchung bis zum 18. März veröffentlichen will. Auch dem Kardinal selbst wird Beteiligung an Vertuschung vorgeworfen, weil er in einem Missbrauchsfall nicht wie vorgeschrieben den Vatikan informiert habe. Woelki hat daraufhin selbst den Vatikan gebeten, diesen Vorwurf zu prüfen. Der gesamte Vorgang hat zu einer Vertrauenskrise im Bistum und darüber hinaus geführt. Zahlreiche Pfarrgemeinden und Priester und zuletzt der Diözesanrat der Katholiken wandten sich gegen den Kurs der Bistumsleitung. Aus Protest lässt die Katholiken-Vertretung in der mitgliederstärksten deutschen Diözese sogar ihre Mitarbeit an der Bistumsreform ruhen.

Großteil der Bischöfe für Reformen

Mit Blick auf das am Donnerstag und Freitag anstehende nächste - rein digitale - Treffen der mehr als 200 Delegierten des katholischen Reformprojekts Synodaler Weg sagte Lücking-Michel, sie hoffe trotz aller aktuellen Probleme weiter auf Reformen. Sie sei auch davon überzeugt, dass ein Großteil der Bischöfe und anderen Amtsträger dazu bereit seien. Der von vielen Seiten auch kritisierte Synodale Weg sei alles andere als tot, betonte die ZdK-Vize weiter. Sicher sei manches verbesserungswürdig, aber es sei auch eine große Kraft und Stärke der katholischen Kirche, dass sehr viele Gläubige sagten, sie blieben trotz aller Probleme dabei und wollten sich weiter mit großem Engagement für Veränderungen einsetzen.

Rainer Maria Woelki im Portrait
Bild: ©KNA/Bert Bostelmann

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki.

Unterdessen kritisierte auch die von den Jesuiten geleitete Kölner Pfarrgemeinde und Kunststation Sankt Peter die Leitung des Erzbistums Köln für deren Umgang mit Missbrauch und forderte eine externe Untersuchung. Anders als etwa der Kölner Katholikenausschuss und die Initiative Maria 2.0 geht sie dabei über die Forderung nach einer kircheninternen Kontrolle durch ein Eingreifen des Vatikan hinaus. "Wegen erwiesener Unfähigkeit zur Selbstreform erbitten wir für das Erzbistum eine externe Begutachtung. Diese Prüfung sollte dringend über eine Apostolische Visitation von Bischöfen - wie Maria 2.0 sie fordert - hinausgehen", heißt es in einer auf der Homepage veröffentlichten Erklärung der Gemeindegremien um Jesuitenpater Stephan Kessler. Dabei müssten Laien und "Betroffene des entsetzlichen Missbrauchs" mit in die Verantwortung.

"Auf tragisch-dramatische Weise findet die Kölner Kirche seit elf Jahren keinen glaubwürdigen Weg, den systemischen Machtmissbrauch in ihrer Mitte anzuerkennen", heißt es weiter. Gerade in Tagen der Verunsicherung durch die Pandemie werde "in einem beispiellosen Prozess zögerlicher Verweigerung von Transparenz das Grundkapital jeglicher kirchlichen Arbeit verspielt: Glaubwürdigkeit". Das Vertrauen der Gläubigen werde "gleichsam im Wochenrhythmus von medialer Enthüllung und interner Verschwiegenheit oder unhaltbaren Äußerungen erschüttert", kritisieren die Gremien weiter. Auf Gemeindeebene werde dies nur noch als "völlig abgehoben" wahrgenommen.

Die Bistumsleitung sei dabei, "die Kirche zu verraten und das Volk Gottes, sofern es nicht schon gegangen ist, zu verlassen". Unter keinen Umständen dürfe es so weitergehen, fordert die Gemeinde weiter: "Um des Evangeliums willen muss Verantwortung übernommen werden, vom Erzbischof, aber auch von der Ortskirche - nach Möglichkeit schon vor dem 18. März." - Die Initiative Maria 2.0 im Rheinland hatte kürzlich in einem Brief an Papst Franziskus um eine Visitationsreise eines Vatikanvertreters gebeten. Auch der Kölner Katholikenausschuss hatte ein Eingreifen des Vatikan angeregt. (tmg/KNA)