Die Beichte soll in Corona-Zeiten nicht unter den Tisch fallen
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Seit Frühjahr vergangenen Jahres sind sie bis auf Weiteres leer, die stillen Kämmerchen in unseren Kirchen alias Beichtstühle. Wegen ihrer räumlichen Enge, des geringen Abstands zwischen Pönitentin oder Pönitent und dem Beichtvater und der typischen Nutzung desselben Platzes durch mehrere Personen nacheinander, die noch dazu anonym bleiben, ergeht es ihnen nicht anders als Friseursalons, kleinen Boutiquen oder Tattoostudios. Sie fallen durch jedes Coronavirus-bedingte Hygienekonzept und müssen geschlossen bleiben.
Man möchte meinen, die Covid-19-Pandemie raubt dem ohnehin wenig nachgefragten Sakrament der Versöhnung in der katholischen Kirche noch den letzten Rest an Möglichkeit. Doch weit gefehlt, seitdem weltweit manche Wallfahrtsorte wieder öffentlich zugänglich sind, melden sie eine hohe Nachfrage nach der Beichte. Und wo es in unseren Breiten möglich ist, handelt so mancher Priester – für viele ungewohnt – ganz im Modus von Weltjugendtagen oder Exerzitien und bietet Beichte und geistliches Gespräch in einem geeigneten Nebenraum oder im Freien an, unter Einhaltung notwendiger Distanz und mit Gesichtsmaske. Der Zulauf hält sich in Grenzen, während die Leitungen der Telefonseelsorge glühen, die Online-Termine der Psychologen ausgebucht sind, vermeintliche Beicht-Apps zum Download bereitstehen und Forderungen nach Onlinebeichte inklusive sakramentaler Lossprechung neuen Aufwind erhalten.
Wir stehen am Beginn der vorösterlichen Bußzeit, die von ihrem Charakter her zu Reue, Umkehr und Versöhnung aufruft. Doch es sieht ganz danach aus, dass persönliches Sündenbekenntnis und sakramentale Lossprechung angesichts der momentanen Situation wieder unter den Tisch fallen und durch (Online-)Bußgottesdienste und Generalabsolutionen ersetzt werden. Ein fader Ersatz, dabei hat die Beichte in der katholischen Kirche doch unglaubliches Potential: Selbsterkenntnis, Schuldeingeständnis, Reue, Lossprechung und Neuanfang. Es liegt an uns, an mir, ganz allein, nicht an der Kirche, am Priester oder an den anderen. Da hilft keine faule Ausrede, sondern sich aufrappeln und anfangen. Jetzt.
Die Autorin
Schwester Dr. Maria Gabriela Zinkl SMCB ist Borromäerin im Deutschen Hospiz St. Charles in Jerusalem und arbeitet als Dozentin für Kirchenrecht und als Pädagogin.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.