Bischof Kohlgraf: Die "Kölner Geschichte" überlagert alles
Das Thema Missbrauchsaufarbeitung bestimmt nach Einschätzung des Mainzer Bischofs Peter Kohlgraf derzeit viele Debatten in der katholischen Kirche. Vor der am Dienstag beginnenden Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) sagte Kohlgraf im SWR Tagesgespräch, die "Kölner Geschichte" überlagere im Moment alles.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki steht derzeit in der Kritik, da er ein erstes Gutachten zum Umgang früherer und heutiger Bistumsverantwortlicher mit Missbrauchsfällen nicht wie zunächst vorgesehen veröffentlichen lässt. Er begründet dies mit "methodischen Mängeln" in dem Papier. Ein neues Gutachten des Kölner Strafrechtlers Björn Gercke soll am 18. März veröffentlicht werden.
Zu den Rücktrittsforderungen an Woelki wollte sich Kohlgraf nicht äußern. Er nehme aber wahr, dass "die Stimmung auch ins Bistum Mainz schwappt". Kohlgraf verwies auf die Bemühungen in seinem Bistum, mit externer Hilfe und Betroffenen-Beteiligung "den Weg der Aufarbeitung und Aufklärung zu gehen".
Thema Frauen in der Kirche "brennt" in Deutschland
Zur Stellung von Frauen in der katholischen Kirche sagte Kohlgraf, egal, wie man sich inhaltlich zu der Frage positioniere, "wir merken, dass das Thema auf dem Tisch ist, und dass wir das auch nicht vom Tisch bekommen". Bereits jetzt werde versucht, unter dem Gesichtspunkt der Geschlechtergerechtigkeit Frauen im Rahmen des aktuell geltenden Kirchenrechts mehr Verantwortung zu geben - "auch Leitungsfunktionen in der Kirche". Dass dies im Sinne von Initiativen wie "Maria 2.0" "nicht genügt, das haben wir verstanden", sagte Kohlgraf. Es gebe jedoch Themen, die die katholische Kirche in Deutschland nicht alleine klären könne, erklärte der Bischof mit Verweis auf die Weltkirche. Er kündigte jedoch an: "Was wir machen können, ist, auch in die Weltkirche kommunizieren, dass das Thema bei uns brennt."
Von der Bischofskonferenz erhofft sich Kohlgraf unter anderem neue Erkenntnisse über Kirchenaustritte: "Da darf es nicht beim Jammern bleiben. Das ist nicht blindes Schicksal." Die katholische Kirche müsse "positiv werbend" in die Öffentlichkeit gehen für das, was Kirche ausmache. "Wir sind nicht nur Missbrauch, oder die Kontroversthemen, die immer im Raum sind", betonte er. "Es geht auch darum zu zeigen, was wir an guten Ressourcen haben."
Bei der bis Donnerstag stattfindenden DBK-Frühjahrsvollversammlung steht im Mittelpunkt ein Studientag zu den Erfahrungen mit Kirchenaustritten. Weitere Themen sind der Synodale Weg, die Debatte um assistierten Suizid und die Kontroverse um eine Mahlgemeinschaft von Katholiken und Protestanten. Die Corona-bedingt digital stattfindende Vollversammlung will sich zudem mit Konsequenzen aus der Studie "Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz" (MHG-Studie) befassen. (tmg/KNA/epd)