"Fanatische Freunde" zweifelten immer noch an freier Entscheidung

Benedikt XVI. zu Rücktritt: "Ich denke, ich habe es gut gemacht"

Veröffentlicht am 01.03.2021 um 09:29 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Vor acht Jahren wurde der Rücktritt von Papst Benedikt XVI. wirksam. Eine italienische Tageszeitung konnte den Emeritus nun zu einem seltenen Interview treffen. Er ist noch immer zufrieden – doch es gibt auch "fanatische Freunde" des Altpapstes.

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Acht Jahre nach seinem Rücktritt ist der emeritierte Papst Benedikt XVI. überzeugt davon, dass er damit richtig gehandelt hat. In einem Gespräch mit der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera" (Montag) spricht der Altpapst über seine Sicht auf den historisch fast einmaligen Schritt und seine Sicht auf sein Amt: "Es gibt keine zwei Päpste. Papst ist nur einer", so der Emeritus. Mit der Entscheidung zum Rücktritt zeigt er sich nach wie vor zufrieden: "Es war eine schwierige Entscheidung. Aber ich habe es mit bestem Gewissen angenommen und ich denke, ich habe es gut gemacht", so Benedikt. Einige seiner "fanatischen" Freunde seien jedoch immer noch verärgert und könnten seine freie Entscheidung zum Rücktritt auch heute nicht akzeptieren. "Manche sagten, es sei wegen eines Komplotts der Schwulenlobby, manche sagten, es sei wegen des Falls des konservativen lefebvrischen Theologen Richard Williamson. Sie wollen nicht an eine bewusst getroffene Wahl glauben. Aber mein Gewissen ist rein", betont der bald 94-Jährige.

Die geplante Irak-Reise von Papst Franziskus will Benedikt XVI. mit seinem Gebet begleiten. "Ich denke, es ist eine sehr wichtige Reise", bemerkt er. "Leider fällt sie in eine sehr schwierige Zeit, so dass es auch eine gefährliche Reise wird." Der emeritierte Papst sorgt sich sowohl wegen der andauernden Corona-Pandemie wie auch wegen der Sicherheitslage im Nahen Osten.

Skepsis zu Joe Biden

Benedikt XVI. interessiert sich laut dem "Corriere" nach wie vor für die Geschehnisse in Italien und der Welt. Mit Blick auf die Wahl von Joe Biden zum zweiten katholischen Präsidenten der USA zeigte er sich noch unentschieden. "Es stimmt, er ist katholisch und gläubig. Und persönlich ist er gegen Abtreibung", so der emeritierte Papst. "Aber als Präsident neigt er dazu, der Linie der Demokratischen Partei zu folgen." Mit Blick auf die Gender-Politik sei noch nicht ganz abzusehen, welche Position Biden vertreten werden.

In einem Interview mit dem italienischen Fernsehsender "Tgcom24" äußerte sich auch der Privatsekretär Benedikts, Erzbischof Georg Gänswein, zu der Frage von Papst-Rücktritten. Er rechnet demnach damit, dass es auch weiterhin emeritierte Päpste geben werde.  "Ich bin kein Prophet, aber die Möglichkeit des Verzichts gibt es schon so lange, wie es das Papsttum gibt." Es sei für ihn allerdings sinnlos, "Prophezeiungen über Papst Franziskus oder die kommenden Päpste zu machen", so der Privatsekretär.

Benedikt XVI. ist der zweite Papst der Geschichte, der freiwillig von seinem Amt zurückgetreten ist. Sein am 11. Februar 2013 angekündigter Rücktritt wurde am 28. Februar 2013 um 20 Uhr wirksam. Seither führt er den Titel "Papa emeritus" und verzichtet auf die Insignien des Papsttums wie den Fischerring, trägt aber weiterhin Kleidung im päpstlichen Weiß. Er lebt im Klosters Mater Ecclesiae auf dem Gelände des Vatikans. Beobachter betonen stets, dass er zwar körperlich immer schwächer werde, geistig aber weiterhin wach und interessiert sei. Laut "Corriere" seien auch beim aktuellen Interview "einige wenige Passagen" des Emeritus von Gänswein "wiederholt und 'übersetzt'" worden, "während Benedikt zustimmend nickt". (fxn)