Feige: Auch in Kirche meinen immer mehr, überall mitreden zu müssen
Aus Sicht des Magdeburger Bischofs Gerhard Feige täte es Gesellschaft und Kirche gut, öfter zu schweigen und auf Worte zu verzichten. Immer mehr Menschen meinten "überall – sogar ohne Ahnung davon – mitreden zu können und zu müssen", schreibt Feige in einem Beitrag für die "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" am Donnerstag. Das entwickele sich auch in den Kirchen. "Auch Gott kann 'totgeredet' werden", so der Bischof. Es sei bezeichnend, dass in den letzten Jahrzehnten mehr religiöse und theologische Literatur erschienen sei als in den vorausgehenden Jahrhunderten seit Christus. Er gestand, auch selbst dazu beizutragen.
Echte Kommunikation brauche jedoch ein kritisches Gespür dafür, wann es angebracht sei zu reden und wann zu schweigen – "und Mut für beides", so der Magdeburger Bischof. "Manchmal genügen nur wenige Worte, um etwas zu bewirken, manchmal ist es aber auch klüger, ganz darauf zu verzichten, nicht jedoch gerechtfertigt, um etwas zu vertuschen."
Der Mensch sei zwar zweifellos ein dialogisches Wesen und auf Worte angewiesen "wie auf das tägliche Brot", doch die Informationsflut habe eher inflationäre Auswirkungen und vergrößere die Verwirrung noch, anstatt Verständigung zu fördern. "Da wird nicht nur auf bisher übliche Weise geschrieben und gesprochen, sondern auch bis zum Überdruss interviewt und getalkt, digital sich ausgetauscht und interaktiv agiert", kritisiert Feige. Dazu gehörten oft Banalitäten und Redundanz, Phrasen und Floskeln sowie Agitation und Propaganda, Hass und Hetze. (cbr)