Berliner Diözesanrat bittet Missbrauchsopfer um Verzeihung
Der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin bittet Betroffene von sexuellem Missbrauch in der Kirche um Verzeihung und räumt eine Mitverantwortung auch von Nicht-Geistlichen ein. "Viele erkennen, mit Schweigen, Wegsehen und Unterlassen auch schuldig geworden zu sein. Das Ausmaß dieser Mittäterschaft spät zu erkennen, schmerzt nun sehr", heißt es in einem Antrag, den das höchste Laiengremium am Samstag bei seiner Vollversammlung in Berlin einstimmig verabschiedete.
Der Antrag fordert ferner eine "transparente, unvoreingenommene und schonungslose Aufarbeitung", ein verbindliches Krisen- und Kommunikationsmanagement bei Missbrauchsfällen sowie eine konsequente integrierte Präventionsarbeit. Überdies müsse es professionelle Unterstützung und ausreichende Hilfen für Betroffene, aber auch für Täter oder potenzielle Täter geben.
Der Diözesanrat diskutierte zudem über die vom Erzbistum einberufene Kommission, die das in Teilen publizierte Missbrauchsgutachten vollständig lesen darf und Empfehlungen zu Konsequenzen aussprechen soll. Dem Gremium gehören jeweils drei gewählte Vertreter des Diözesanrats und des Priesterrats an. Mehrere Mitglieder betonten, dass es sich dabei um eine "interne, aber keine unabhängige" Kommission handele. Zudem sprachen sich einige Ratsmitglieder für eine unabhängige Leitung der Kommission sowie für eine zusätzliche Beteiligung von Betroffenen aus.
Generalvikar Manfred Kollig betonte, wenn die Gutachten-Kommission dafür plädiere, auch Betroffene als Mitglieder zu berufen, "sollte das möglich sein". Er und Erzbischof Heiner Koch würden ein solches Anliegen unterstützen. Der Verwaltungschef des Erzbistums merkte jedoch an, dass er es für sinnvoll halte, wenn es sich dabei um jemanden von außerhalb des Erzbistums handelte. Denkbar sei etwa, ein Mitglied aus dem Betroffenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz zu berufen.
Johanna Beck, Mitglied in diesem Betroffenenbeirat, forderte als Gastrednerin, dass "schonungslos benannt wird, wer Täter und Vertuscher waren". Sie hob hervor, wer wolle, dass den Opfern Gerechtigkeit widerfahre, müsse klar zeigen, dass es Konsequenzen gibt und Verantwortliche zur Verantwortung gezogen werden. Kollig verwies zugleich darauf, dass es in der katholischen Kirche kein Disziplinarrecht gebe und dass er dies für problematisch halte. Das Erzbistum lasse sich deshalb derzeit von mehreren externen Kirchenrechtlern beraten, welche Sanktionsmaßnahmen überhaupt möglich seien.
Kommission konstituiert sich am Montag
Die Gutachten-Kommission des Erzbistums Berlin konstituiert sich an diesem Montag. Nach dem Rücktritt von Domvikar Matthias Goy in der ersten Sitzung habe der Priesterrat den Stralsunder Pfarrer Johannes Schaan als neues Mitglied gewählt, sagte Generalvikar Manfred Kollig. Das Erzbistum hatte erklärt, auch wenn Goy nur am Rand im nicht-veröffentlichten Teil des Gutachtens genannt werde, wolle er durch seinen Rückzug dazu beitragen, dass "der Kommission durch seine Mitarbeit keine von Außenstehenden und der Öffentlichkeit befürchtete Beeinflussung vorgeworfen werden kann". Goy ist Regens und zuständig für Aus- und Fortbildung. Der 40jährige Schaan übernahm im vergangenen Sommer die Leitung der Großpfarrei Sankt Bernhard Stralsund-Rügen-Demmin. Er ist zudem einer der Delegierten des Erzbistums beim Reformdialog Synodaler Weg.
Das Erzbistum hatte Ende Januar ein bei der Anwaltskanzlei "Redeker Sellner Dahs" in Auftrag gegebenes Gutachten zu sexuellem Missbrauch an Minderjährigen durch Geistliche seit 1946 teilweise veröffentlicht. Nicht publiziert wurden der größte Teil mit Angaben über 61 Beschuldigte und Stellungnahmen dazu unter anderen vom früheren Erzbischof, Kardinal Rainer Maria Woelki, und seinem Nachfolger Heiner Koch sowie dem emeritierten Weihbischof Wolfgang Weider und dem amtierenden Weihbischof Matthias Heinrich. (mal/KNA)