Theologieprofessoren: Regeln für Rücktritte von Päpsten präzisieren
Die Münsteraner Theologieprofessoren Thomas Schüller und Hubert Wolf haben sich dafür ausgesprochen, die kirchenrechtlichen Regeln für die Rücktritte von Päpsten zu präzisieren. Insbesondere müsse geklärt werden, was passiere, wenn ein Papst beispielsweise dement werde, sagte Wolf am Sonntag im Deutschlandfunk Kultur. "Dann kann er seinen Rücktritt selber nicht mehr erklären. Es kann aber auch niemand den Papst absetzen. Und dafür gibt es, soweit ich das sehe, rechtlich keine Regelung", so der Kirchenhistoriker.
Schüller sieht "offene Flanke im Kirchenrecht"
"Das ist eine offene Flanke im Kirchenrecht", ergänzte Schüller. Und weiter: "Wer verfügt dann, dass der Papst dement ist? Das bleibt ein offenes Problem." Der Kirchenrechtler bezeichnete es als problematisch, dass das Erste Vatikanische Konzil (1869/1870) den Papst zu einem "omnipotenten Allherrscher" gemacht habe, über dem keine Instanz stehe. Damit sei die Chance verbaut worden, jemanden zu benennen, der etwa den Fall einer Demenz oder einer absoluten Handlungsunfähigkeit feststellen könne. "Da hat sich die katholische Kirche in eine aporetische Situation bewegt", so Schüller wörtlich.
Mit Blick auf die Bischöfe in der katholischen Kirche sprach sich Schüller im Deutschlandfunk Kultur für eine Amtszeitbegrenzung aus. "Denn wenn ich weiß, ich bin ein Amtsträger auf Zeit, verhalte ich mich anders in meinen Verhalten, als wenn ich weiß: Wenn ich einmal ernannt bin, kann ich tun und lassen, was ich will, mir kann keiner etwas, weil ich ja Bischof bin", sagte der Kirchenrechtler.
Professoren: Vatikan versucht Bischofsrücktritte zu vermeiden
Die beiden Professoren wiesen zudem darauf hin, dass der Vatikan Rücktritte von Bischöfen in der Regel zu vermeiden versuche. "Wenn Sie sich das Ganze anschauen, dann ist es so, dass man zunächst in Rom immer versucht, einen Bischof, der neben der Spur ist, durch Korrektur wieder in die richtige Spur zu bringen, weil man durch jeden Rücktritt, den man annimmt, eigentlich dieses hierarchische System der Bischofskirche gefährdet", betonte Wolf. Schüller ergänzte, dass man in Rom meist "In dubio pro clerico" entscheide. "Das heißt, im Zweifelsfall stärkt man immer erst mal dem leitenden Würdenträger den Rücken", so der Kirchenrechtler. Mediale Kampagnen gegen Bischöfe oder entsprechende Aktionen von Interessengruppen möge man in Rom überhaupt nicht.
Nach der Veröffentlichung des Kölner Missbrauchsgutachten hatten zuletzt der Hamburger Erzbischof Stefan Heße sowie der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp dem Papst ihre Rücktritte angeboten; beide hat das Kirchenoberhaupt bislang nicht angenommen. Auch über eine rechtliche Regelung des Amtsverzichtes von Päpsten wird seit der langen Krankheit von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) und dem Rücktritt seines Nachfolgers Benedikt XVI. (2005-2013) immer wieder diskutiert. (stz)