"Weitere totalitäre Maßnahme zur Einschränkung der Religionsfreiheit"

China verlangt von Geistlichen Bekundung von "Liebe" zur Partei

Veröffentlicht am 09.04.2021 um 10:56 Uhr – Lesedauer: 

Frankfurt ‐ Die chinesische Regierung verlangt in einer neuen Verfügung von Geistlichen, ihre "Liebe zur Kommunistischen Partei" zu bekunden: Das berichtet die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte. Betroffen sind demnach alle Religionen.

  • Teilen:

Nach Angaben von Menschenrechtlern verlangt die chinesische Regierung in einer neuen Verfügung von Geistlichen, ihre "Liebe zur Kommunistischen Partei (KP)" zu bekunden. Betroffen seien alle Religionen, darunter buddhistische Lamas, christliche Gemeindeleiter und Priester, muslimische Imame und andere religiöse Führer, teilte die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) am Donnerstag in Frankfurt mit. Dies sei "eine weitere totalitäre Maßnahme zur Einschränkung der Religionsfreiheit". Die Verordnung trete am 1. Mai in Kraft.

Die "Verordnung Nr. 15" wurde demnach bereits im Januar vom Nationalen Amt für religiöse Angelegenheiten in Peking für die "Verwaltung" der religiösen Institutionen angeordnet. Demnach sollen Geistliche verpflichtet sein, "die nationale Einheit, die ethnische Einheit, die religiöse Harmonie und die soziale Stabilität aufrechtzuerhalten"; sie dürfen nicht "die nationale Sicherheit gefährden", "die nationale Einheit untergraben" und "das Land spalten".

"Totale Gleichschaltung aller Gläubigen"

Nach Einschätzung der IGFM beabsichtigt die kommunistische Führung in Peking, die sogenannte Sinisierungspolitik "bis zur totalen Gleichschaltung aller Gläubigen umzusetzen". Die neuen Maßnahmen trügen dazu bei, "die dauerhafte Unterdrückung der Gläubigen unterschiedlicher Religionen zu institutionalisieren".

Betroffen seien nicht nur religiöse Lehrer und Gemeindeleiter. Auch religiöse Schriften und Zeremonien müssten "Standards der KP-Führung" entsprechen. Zur Durchsetzung sehe die chinesische Regierung drastische Kontrollmaßnahmen vor, unter anderem die Zuweisung eines personalisierten zwölfstelligen Zahlencodes, der Teil eines Bewertungssystems sei. Von den Geistlichen werde etwa verlangt, dass sie für religiöse Aktivitäten im Voraus eine Erlaubnis einholen. Bei Nichteinhaltung könnten sie ihre Legitimation verlieren und müssten mit Strafen rechnen.

Schätzungen zufolge sind 9 bis 10 Millionen der knapp 1,4 Milliarden Einwohner der Volksrepublik China Katholiken. Eine große Besonderheit des chinesischen Katholizismus ist die Teilung in zwei Gruppierungen: Neben einer regimenahen und staatlich zugelassenen "Patriotischen Vereinigung" gibt es die sogenannte Untergrundkirche in erklärter Gemeinschaft mit dem Papst. In den vergangenen Jahrzehnten war es wegen vom chinesischen Staat beeinflussten Bischofsernennungen und der Verfolgung der papsttreuen Untergrundkirche immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem kommunistischen Land gekommen. Für Aufsehen sorgte deshalb ein Abkommen des Heiligen Stuhls und Chinas zu Bischofsernennungen aus dem Jahr 2018. Es wurde im Oktober 2020 verlängert. Kritiker warfen dem Vatikan Naivität vor und warnten vor einem "Ausverkauf" der Kirche in China. (tmg/KNA)