"Der Satz 'Über Tote redet man nicht schlecht' darf hier nicht gelten"

Wegen Gutachten: Kardinal-Höffner-Kreis stellt Namensgebung infrage

Veröffentlicht am 21.04.2021 um 14:14 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Der verstorbene Kardinal Joseph Höffner wird durch das Kölner Missbrauchsgutachten belastet. Deshalb will der "Kardinal-Höffner-Kreis" christlicher Bundestagsabgeordneter nun seine Namensgebung überdenken.

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Der Kardinal-Höffner-Kreis christlicher Bundestagsabgeordneter strebt eine Auseinandersetzung mit der Rolle seines Namensgebers an. Es sei aber noch keine abschließende Entscheidung über die künftige Namensgebung getroffen worden, sagte Christian Hirte (CDU), der Vorsitzende des Kreises, der am Donnerstag erscheinenden "Zeit"-Beilage "Christ & Welt". Wie das Blatt weiter berichtet, will das fünfköpfige Leitungsteam zunächst mit Historikern sprechen.

In dem Kreis vernetzen sich christliche Parlamentarier seit den 1990er-Jahren. Der 1987 verstorbene Kölner Erzbischof Joseph Höffner war ein Vordenker der katholischen Soziallehre und von 1976 bis 1987 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK). Ein juristisches Gutachten im Auftrag des heutigen Kölner Erzbischofs, Kardinal Rainer Maria Woelki, wirft Höffner mehrere Pflichtverletzungen im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs vor.

Die CDU-Abgeordnete Mechthild Heil, zugleich Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), sagte der Zeitung: "Der Satz 'Über Tote redet man nicht schlecht' darf hier nicht gelten". Die parlamentarische Staatssekretärin im Entwicklungsministerium, Maria Flachsbarth (CDU), verlangt eine Anhörung von Fachleuten noch in dieser Wahlperiode und fügte hinzu: "Dass wir auch Betroffene als Expertinnen und Experten einladen, ist dringend erforderlich." Höffner sei "ein geschätzter Theologe seiner Zeit, aber der Name steht zur Disposition."

Gründer des Höffner-Kreises widerspricht

Flachsbarth, die auch Präsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbunds (KDFB) ist, verlangte zugleich, die Parlamentarier müssten über die Vergangenheit von Höffner auch strukturell diskutieren. "Die absolutistische Machtfülle von Bischöfen - das ist ebenfalls eine Frage. Viele dieser Strukturen sind noch so wie zur Zeit von Kardinal Höffner."

Ein Gründer des Höffner-Kreises, der ehemalige CDU-Abgeordnete Georg Brunnhuber, sagte "Christ & Welt" hingegen: "Man kann einen, der einen hervorragenden Leumund hat, nicht wegen einer einzigen Sache herunterziehen. Ich würde auf keinen Fall den Namen ändern."

Kurz nach der Veröffentlichung des Kölner Missbrauchsgutachtens war eine Diskussion über den Kardinal-Höffner-Platz vor dem Kölner Dom entbrannt. "Der Platz sollte angesichts der neuen Erkenntnisse zu Kardinal Joseph Höffner definitiv umgewidmet werden", sagte damals die langjährige Kölner Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes (SPD). Auch eine Benennung nach dem ebenfalls belasteten früheren Erzbischof Joachim Meisner (1933-2017) geriet in die Kritik. So sprach sich der Bürgermeister von Hundeshagen in Thüringen für eine Umbenennung des dortigen Kardinal-Meisner-Platzes aus. Zuletzt war Meisner von der Waldbröler Karnevalsgesellschaft ein 1992 verliehener Orden posthum aberkannt worden. (tmg/KNA)