Neues Katechetenamt: "Hierzulande würde es zu Schwierigkeiten führen"
Sie erteilen Religionsunterricht oder bereiten Gläubige auf den Empfang bestimmter Sakramente vor: Gerade in Zeiten zunehmenden Priestermangels leisten ehrenamtliche Katechetinnen und Katecheten wertvolle Arbeit. Besonders in Lateinamerika, Afrika oder Asien haben sie eine tragende Funktion. Papst Franziskus hat ihren Dienst mit seinem Motu proprio "Antiquum ministerium" von vergangener Woche nun aufgewertet und ihm einen kirchenamtlichen Rahmen verpasst. Der Kölner Religionspädagoge Patrik C. Höring glaubt, dass die offizielle Einrichtung dieses Dienstes in vielen Teilen der Weltkirche zur Stärkung des Engagements von Laien führen kann – in Deutschland aus mehreren Gründen jedoch eher hinderlich wäre.
Frage: Herr Höring, der Dienst des Katecheten bekommt einen offiziellen Rahmen – Beauftragungsritus inklusive. Welcher Nutzen steckt in dieser Entscheidung?
Höring: Für die Kirche in Deutschland keiner, glaube ich. Das wird ähnlich folgenlos bleiben wie die kürzliche Korrektur des Kirchenrechts bei Lektorat und Akolythat, die nun auch für Frauen zugänglich sind. Das war zwar theologisch überfällig und richtig, ändert aber an der Praxis nichts. Diese Dienste werden schon längst von einer Vielzahl von Menschen wahrgenommen – genauso wie der des Katecheten beziehungsweise der Katechetin. Dazu kommt, dass Erzbischof Rino Fisichella bei der Präsentation angedeutet hat, dass dieser formelle Dienst des Katecheten nicht mehr jedem zugänglich sein soll. Da muss man sich schon die Frage stellen, ob man die vielen, die sich in diesem Bereich ehrenamtlich engagieren, tatsächlich Knall auf Fall vor die Tür setzen will oder es zukünftig Katecheten erster und zweiter Klasse gibt.
Frage: Die Bischofskonferenzen werden in dem Dekret dazu eingeladen, den Ausbildungsweg sowie Normen und Kriterien für den Zugang festzulegen. Heißt das, Sie gehen nicht davon aus, dass die deutschen Bischöfe da tätig werden?
Höring: Wie schon gesagt: Hierzulande würde es eher zu Schwierigkeiten führen, diesen neuen Dienst einzurichten, weil er eben bestimmte Leute ausgrenzt, die ihn jetzt schon tun. Hinzu kommt noch etwas Entscheidendes: Wer soll den Dienst, der von Fisichella als eine lebenslange Aufgabe beschrieben wird, eigentlich übernehmen, wenn nicht die hauptberuflich tätigen Pastoral- und Gemeindereferenten? Diese haben ja bereits die im Schreiben geforderte umfangreiche Ausbildung und schon eine offizielle kirchliche Beauftragung, die Missio canonica beziehungsweise in manchen Bistümern die institutio. Da braucht es keine neue, weitere Beauftragung. Daher ist für die Deutsche Bischofskonferenz wahrscheinlich keine Notwendigkeit gegeben, etwas zu tun. Die Möglichkeit des Ständigen Diakonats wird beispielsweise auch nicht in allen Erdteilen genutzt. Es gibt viele Länder, in denen es diesen Dienst nicht gibt. So wird das vielleicht auch hier der Fall sein, indem man sagt, das, was in dem "Motu proprio" beschrieben ist, wird in Deutschland durch die hauptberuflichen Laien im pastoralen Dienst längst erfüllt. Da braucht es diesen Dienst eigentlich nicht.
Frage: Welche Folgen könnte das Dekret in anderen Teilen der Weltkirche haben?
Höring: Dort holt das Schreiben eine Praxis ein, die sich schon lange bewährt hat. Laien, vor allem Frauen, tragen das Gemeindeleben, halten die Gemeinschaft zusammen, lindern Nöte, teilen das Wort Gottes und die Sakramente, heilen, stärken und ermutigen die Menschen. Man kann daher diesen neuen offiziellen Dienst als eine offizielle Anerkennung ihres Tuns verstehen, die zur Förderung oder Weiterentwicklung dieses Dienstes beitragen kann. Was man in dem Schreiben eventuell kritisch bewerten kann: Da werden zwei Dienste vermischt, die gleichermaßen auch in der Praxis vermischt sind, nämlich der Dienst der Gemeindeleitung und der Dienst bei der Glaubenskommunikation. Darüber hinaus stellt sich auch die Frage, wie sich das Thema der Gemeindeleitung durch Katecheten, einem explizit "laikalen Dienst", zur Instruktion der Kleruskongregation von letztem Sommer verhält, wo man die Leitung von Gemeinden durch Laien doch sehr kritisch sah. Nun wird das als ein Auftrag dieser Katecheten beschrieben. Da merkt man schon eine gewisse Spannung, die aber in den letzten vatikanischen Dokumenten immer aufgetreten ist – innerhalb der Dokumente von Franziskus selber, aber auch innerhalb der Dokumente der verschiedenen Dikasterien.
Frage: Bei der Vorstellung von "Antiquum ministerium" war davon die Rede, dass der eingerichtete Dienst des Katecheten weiter gehen soll: Er soll auf die verschiedenen Lebens- und Berufsbereiche schauen, in denen Einzelne stehen und Zeugnis geben können. Welche Bereiche könnten das sein?
Höring: Dieser Hinweis spiegelt das seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil stets wiederholte Bild der Laien, dass es nämlich Personen sind, die ihr Zeugnis vor allem in ihren alltäglichen Lebenskontexten geben: in der Familie und am Arbeitsplatz, in der Gesellschaft und der Politik, in Wissenschaft und Kultur. Katechese meint aber demgegenüber keine informelle Verkündigung "im Nebenher", sondern strukturierte Lernprozesse im Glauben. Dass das andere inhaltliche Akzente sind als die, die man vom Katechetendienst schon kennt, kann ich mir kaum vorstellen. Das wird weiterhin die Sakramentenvorbereitung sein, wünschenswert wäre an dieser Stelle eine Wiederentdeckung der Gemeinde insgesamt als Lernort und Lerngruppe und die Stärkung der Erwachsenenkatechese sowie der theologischen Bildungsarbeit in den Gemeinden.
Frage: Ist die Einrichtung des offiziellen Katechetendienstes eine Frucht der Amazonas-Synode?
Höring: Das ist nicht auszuschließen. Die Forderung nach neuen Diensten und Ämtern war explizit in das Schlussdokument aufgenommen worden. Insofern wird diese Forderung hier positiv aufgegriffen. Das Schreiben schließt aber auch an das Grundanliegen des Pontifikats von Franziskus, die Stärkung der Evangelisierung, an. Das war ja schon in seiner Enzyklika "Evangelii gaudium" zentrales Thema, und auch das neue "Direktorium für die Katechese" nimmt explizit Bezug auf "Evangelii gaudium". Ich glaube also schon, dass man das einerseits auf die Amazonas-Synode beziehen kann, andererseits aber auch auf das Anliegen von Papst Franziskus, die Evangelisierung zu stärken angesichts der Missionarität von Kirche.
Frage: Kann man diese Entscheidung eventuell auch im Lichte der schwelenden Debatte um die Zugangswege zum sakramentalen Amt deuten?
Höring: Ich habe schon den Verdacht, dass dieses Dekret als eine Art "Sedativum" gedacht sein könnte. Man sagt jetzt: Wir öffnen ja die Ämter, wir schaffen neue Ämter, also habt mal ein bisschen Geduld mit euren Rufen nach der Öffnung des Weiheamts für Frauen oder verheiratete Männer. Wenn das aber wirklich das strategische Interesse ist, würde ich voraussagen, dass diese Rechnung nicht aufgeht, weil es die eigentliche Frage, nämlich nach den Zugangswegen zur sakramentalen Ordination, nicht löst.
Frage: Lässt sich das vielleicht auch ins Positive wenden, nach dem Motto: Die Kirche kommt den Gläubigen mit der Öffnung der Dienste und Ämter soweit entgegen, wie sie kann?
Höring: Das Schreiben zeigt schon, dass in der Ämterfrage Bewegung ist. Zwar noch nicht mit Blick auf das dreigliedrige sakramentale Amt, aber die Einrichtung des Katechetendienstes beweist, dass die Kirche die Macht hat, Dienste und Ämter zu schaffen, so wie die Bedürfnisse es erfordern. Warum sollte das nicht auch für die sakramentalen Ämter gelten? Das ist bei dem aktuellen Schreiben jetzt noch nicht der Fall, aber es könnte ein erster Schritt dahin sein. Ich bin selbst noch unentschlossen, ob es jetzt eine Art Beruhigungstablette ist, oder ein Anzeichen, dass sich die Kirche in der Ämterfrage auf den Weg macht.