Sternberg: Der Synodale Weg hat weltweite Wirkungen
Der Präsident des Ökumenischen Kirchentags (ÖKT), Thomas Sternberg, sieht weltweite Wirkungen durch den Synodalen Weg. Beim Ökumenischen Kirchentag betonte er am Samstag, dass die in Deutschland bearbeiteten Themen wie Macht und Machtmissbrauch, Rolle der Frau und Sexualmoral für die ganze Weltkirche relevant seien. Das zeigten ähnliche Gesprächs- und Reformprozesse, wie sie derzeit unter anderem in Irland, Australien, Österreich, Frankreich und Italien angedacht werden oder bereits im Gang sind. "Der Synodale Weg wird zu einem Wegenetz", so Sternberg, der Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (ZdK). In der ganzen Kirche breche ein Reformstau von Jahrzehnten auf. Dazu gehöre auch die Frage nach dem Frauenpriestertum. "1994 hat Papst Johannes Paul II. versucht, diese Frage abzuwürgen. Die Frage wurde in der Kirche nicht geführt, und jetzt bricht sie mit aller Macht auf", erinnerte der ZdK-Präsident an das Apostolische Schreiben Ordinatio Sacerdotalis, mit dem der Papst alle Zweifel für beseitigt erklärte und verfügte, dass sich alle Gläubigen "endgültig an diese Entscheidung zu halten haben".
Viele dieser Fragen seien nicht national zu entscheiden: "Wir sind keine Nationalkirche und wollen das auch nicht sein", betonte Sternberg. Zur Klärung werde es irgendwann wieder ein Konzil brauchen. Je besser Streitfragen vorab in synodaler Weise in der ganzen Kirche diskutiert würden, desto besto könne auch ein Konzil ablaufen.
"Der Wechseln in der DBK hat gezeigt, dass das gelingen kann"
Mit Blick auf die Zielsetzung des Synodalen Wegs wies der ZdK-Präsident darauf hin, dass es nicht darum gehe, "die Kirche strahlen zu lassen" oder um Mitgliederbindung. Stattdessen gehe es darum, Missbrauch und seine Faktoren aufzuarbeiten und wieder Vertrauen zu schaffen – auch in weiten Teilen der Kerngemeinden. Dass Sternberg im Herbst nicht für eine weitere Amtszeit als ZdK-Präsident zur Verfügung steht und der Synodale Weg nach dem Rückzug von Kardinal Reinhard Marx als Vorsitzendem der Deutschen Bischofskonferenz seinen zweiten Vorsitzenden im laufenden Prozess auswechseln muss, sieht Sternberg nicht als Belastung des Prozesses. "Der Wechseln in der DBK hat gezeigt, dass das gelingen kann", so Sternberg. Man müsse bereit sein, Verantwortung zu übernehmen, aber man dürfe im Amt nicht unersetzlich werden. Medienberichten, denen zufolge Sternberg aufgrund von Problemen beim Reformprozess zurückgetreten sei, wies er als "Unfugsmeldungen" zurück.
Für die Kirche in Deutschland hofft der ZdK-Präsident, dass sie lerne, "künftig in synodalerer Form" zu leben. Im Angesicht des massiven Priestermangels, der aufgrund von vielen Ruhestandsgeistlichen, die sich noch im hohen Alter engagieren, noch gar nicht in seiner ganzen Dramatik zu spüren sei, komme es stark auf die Laien an, zumal auch die finanziellen Mittel für eine hauptamtliche Kirche wegbrechen würden. Kirche und Glaube sollten nach Worten von Sternberg aber nicht bloß auf Problemfelder wie Missbrauchsaufarbeitung oder drängende Kirchenreformfragen reduziert werden. "Kirche ist mehr als ein Verein, mehr als eine violette Soutane oder eine rote Kappe. Kirche ist für mich das, was ich in der Liturgie erlebe, in der Glaubensweitergabe, im Einstimmen in eine 2.000-jährige Tradition." Ohne Kirche drohe dieser Glaube schon in wenigen Generationen zu verschwinden.
Gerade, wenn die Kirche in der Öffentlichkeit an Bedeutung verliere, brauche es ein "gemeinsames christliches Zeugnis". Ökumene könne dabei nicht von oben herab verordnet werden. Sie "wächst und lebt an der Basis, in den Gemeinden und in den konfessionsverbindenden Familien."
Dass inzwischen auch "Katholikinnen und Katholiken aus dem innersten Kreis" die Kirche verließen, sei dramatisch und sehr schmerzlich, so Sternberg. Dies habe er beispielsweise auch den Mitbegründerinnen der Reforminitiative "Maria 2.0" gesagt. (fxn)