Kardinal Marx bilanziert seine römische Woche

"Die Diskussion ist eröffnet"

Veröffentlicht am 25.02.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Vatikan

München ‐ Ein Finanzministerium für den Vatikan, 19 neue Kardinäle und eine kontroverse Debatte der Purpurträger über Familienseelsorge - die vergangenen Tage in Rom hatten es in sich. Am Dienstag bilanzierte Kardinal Reinhard Marx, der an allen Ereignissen beteiligt war, seine Eindrücke vor Journalisten in München.

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Die Strukturreformen im Vatikan, vor allem was den Umgang mit Geld betrifft, sieht Marx auf einem guten Weg. Papst Franziskus , knapp ein Jahr im Amt, habe am Montag eine historische Entscheidung gefällt, nämlich die Verwaltung der Finanzen des Heiligen Stuhls in einem eigenen Sekretariat zu bündeln. Dabei sei erneut der Stil des Papstes deutlich geworden: Einer gründlich vorbereiteten, breiten Debatte folgte ein rascher Grundsatzbeschluss.

Marx: Umgang mit Geld entscheidet über Glaubwürdigkeit

Franziskus wisse - "wie wir in Deutschland auch aus anderen Gründen" -, dass der Umgang mit Geld entscheidend dafür sei, ob die Kirche wieder mehr Glaubwürdigkeit gewinne, sagte Marx. Nun seien die Weichen dafür gestellt, dass die Vatikanfinanzen künftig transparent und nachvollziehbar verwaltet würden, nach internationalen Standards und unter Einbeziehung externer Fachleute.

Kardinal Reinhard Marx
Bild: ©KNA

Kardinal Reinhard Marx ist zuständig für das Erzbistum München und Freising.

Es sei "zwar nicht das wichtigste Thema der Welt, aber wir müssen es irgendwann einmal abräumen, damit wir zu anderen wichtigen Dingen kommen", so der Kardinal. Marx rechnet damit, dass auch über die Zukunft der skandalumwitterten Vatikanbank IOR noch in diesem Jahr entschieden wird. Es gebe zwei, drei Optionen, die aber noch näher geprüft werden müssten.

Lob für Kasper

Großes Lob zollte der Münchner Erzbischof dem Vortrag von Kardinal Walter Kasper vor dem Konsistorium am vergangenen Donnerstag. Eine Entscheidung darüber, ob wiederverheiratete Geschiedene künftig die Kommunion empfangen dürften, sei damit noch nicht gefallen, erläuterte Marx. Er könne nicht einmal sagen, wie die Mehrheit der Mitglieder des Kardinalskollegiums darüber denke. Etwa die Hälfte habe sich an der kontroversen Debatte beteiligt. Wichtig sei, dass eine pastoralpraktische Frage erstmals von den Kardinälen in Anwesenheit des Papstes so ausführlich erörtert worden sei.

Nach dieser "Ouvertüre" müsse die Diskussion nun weitergehen und auch von den Theologen fortgesetzt werden, erklärte der Kardinal. Deshalb hat es aus seiner Sicht keinen Sinn, den rund zweistündigen Vortrag Kaspers länger geheim halten zu wollen. Seitens des Vatikan hatte es Ende vergangener Woche zunächst geheißen, der Text solle nicht veröffentlicht werden. Dem Papst selbst sei eine derartige Ängstlichkeit fremd, lautete die Einschätzung des Münchner Erzbischofs.

Marx: Sakramente sind keine "Disziplinierungsinstrumente"

In Gestalt von Fragen hatte sich Kasper nach einer tiefgründigen theologischen Vorklärung darum bemüht, Wege zu einer Lösung zu bahnen, wie wiederverheiratete Geschiedene im Einzelfall wieder zu den Sakramenten zugelassen werden könnten. Marx unterstützt diese Position. "Die Unauflöslichkeit der Ehe ist keine moralische Leistung des Menschen, sondern eine Verheißung." Dies habe er ebenso vor dem Kardinalskollegium gesagt. Auch, dass Sakramente keine "Disziplinierungsinstrumente" seien, sondern Heilmittel.

Marx ließ erkennen, dass Kasper für seine Ausführungen durchaus heftigen Widerspruch geerntet habe, vor allem zu Beginn der Debatte. Am zweiten Tag habe sich das Spektrum der Äußerungen allerdings dann "viel breiter" dargestellt. Es sei allerdings so, dass einige noch nicht so recht verstünden, warum der Papst diese Auseinandersetzung nicht nur zulasse, sondern sogar ausdrücklich befördere. Andere wiederum können nicht nachvollziehen, dass die Kirche in einer solchen wichtigen Frage einen "langsamen Weg" gehe.

Müller als Verteidigiger der Lehrtraditionen

Wohin dieser Weg führt, ist für Marx durchaus offen. So ist ihm etwa klar, dass dem Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller , in dieser Auseinandersetzung von Amts wegen die Rolle eines Verteidigers der kirchlichen Lehrtradition zufällt. Und auch Kardinal Kasper selbst hat in einem Interview mit einer italienischen Zeitung klargestellt, ein Kompromiss komme nicht infrage, sondern nur eine Lösung im Konsens.

Von Christoph Renzikowski (KNA)