Für transparenteres Umfeld nach Missbrauchsvorwürfen

Zeitung: Papst will Knabenseminar aus dem Vatikan verlegen

Veröffentlicht am 21.05.2021 um 12:49 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ Der Strafprozess wegen mutmaßlichen Missbrauchs in einem vatikanischen Knabenseminar läuft noch – doch Papst Franziskus will offenbar schnell handeln: Das "Preseminario Pio X." soll aus den Mauern des Vatikanstaats hinaus verlegt werden.

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Papst Franziskus will Medienberichten zufolge ein Knabenseminar neben dem Petersdom aus dem Vatikanstaat hinaus verlegen. Diese Entscheidung habe er den Verantwortlichen bereits mitgeteilt, berichtet die römische Zeitung "Il Messaggero" (online Donnerstagabend). Damit würde Franziskus nicht auf das Urteil eines noch laufenden Strafprozesses wegen mutmaßlichen Missbrauchs in dem Seminar warten. Mit der Verlegung wolle Franziskus die Jungen aus den Vatikanmauern heraus in ein transparenteres Umfeld bringen, so der "Messaggero".

Im Seminar soll ein Obermessdiener und später angehender Priester zwischen 2006 und 2012 andere Jungen schikaniert, sexuell belästigt und missbraucht haben. Der Beschuldigte, der in dem Seminar als Tutor tätig war, wie auch seine Opfer, waren zu Beginn der fraglichen Zeit minderjährig. Dem früheren, heute 71-jährigen Rektor des Seminars wird vorgeworfen, den mutmaßlichen Täter geschützt, trotz Vorwürfen dessen spätere Weihe zum Priester gefördert sowie Ermittlungen behindert zu haben. Ihm wirft der vatikanische Strafverfolger daher Beihilfe zum Missbrauch vor. Im November hatte er bestritten, jemals von Anschuldigungen wegen sexuellen Missbrauchs gewusst zu haben. "Niemand hat je mit mir über Missbrauch gesprochen, weder die Schülerinnen und Schüler, noch die Lehrerinnen und Lehrer, noch die Eltern." Der Ex-Rektor beschuldigte laut Medienberichten stattdessen ein mutmaßliches Opfer und einen weiteren Zeugen, sich einen Missbrauch aus "wirtschaftlichen Interessen" ausgedacht zu haben.

Das 1956 gegründete "Preseminario Pio X." mit staatlich anerkanntem Schulabschluss ist die einzige Einrichtung im Vatikan, in der Minderjährige untergebracht sind. Die Jungen dort sind zudem als Messdiener bei liturgischen Feiern im Petersdom eingesetzt. Seit Prozessbeginn Mitte Oktober versucht der Prozess zu klären, was in dem Internat übliche Scherze und Schikane unter pubertierenden Jugendlichen waren und was strafrechtlich relevanter Missbrauch sowie Verletzung von Aufsichtspflicht gegenüber Schutzbefohlenen. Erschwert wird das Verfahren laut Prozessbeobachter durch fehlende Erinnerungen oder widersprüchliche und oft wechselnde Zeugenaussagen. (tmg/KNA)