Lasst den Geist wirken: Die katholische Kirche braucht starke Synoden
Die erste Synode der Kirche war Pfingsten: Auf nicht weniger als 120 Menschen kommt der Heilige Geist herab, steht es in der Apostelgeschichte – auf Männer und Frauen, auf Alt und Jung, auf Mägde und Knechte, die Apostel mitten unter ihnen, Maria ebenso. Versammelt sind sie in Jerusalem, erzählt Lukas, weil sie noch einmal vierzig Tage bei Jesus in die Schule gegangen waren, um zu verstehen, was es mit dem Reich Gottes auf sich hat und wohin der Weg sie führen soll. Sie warten nach der Himmelfahrt zehn weitere Tage, bis sich die Verheißung Jesu erfüllt, dass Gottes Geist sie inspiriert, auf neue Weise zum Glauben und zur Nachfolge zu finden: In der österlichen Zeit, die bis heute nicht aufgehört hat. An Schawuot ist es dann soweit, am jüdischen Wochenfest, fünfzig Tage nach Pessach, nach Ostern. Durch die Herabkunft des Heiligen Geistes wird die Versammlung zur Synode: Sie wird sich gemeinsam auf den Weg machen, wie das griechische "Synode" auf Deutsch heißt. Sie ist versammelt, um aufzubrechen und mitten in der Welt Zeugnis für Gottes große Taten abzulegen.
Die Synoden sind die pfingstlichen Orte der Kirche geblieben – und müssen immer wieder inspirierte Versammlungen werden. Synoden sind keine Parlamente. Aber sie führen die Gläubigen zusammen – ohne Standesgrenzen, vielmehr auf der Basis gleicher Rechte und im Bewusstsein der gemeinsamen Sendung, um die unterschiedlichen Aufgaben und Dienste zu stärken, die für das Evangelium erfüllt werden müssen. Parlamente bringen zum Ausdruck, dass alle Macht vom Volk ausgeht – am besten unter Gottes schützender Hand, wie das Grundgesetz der Bundesrepublik mit der Präambel festhält. Synoden bringen zum Ausdruck, dass alle Macht von Gottes Geist ausgeht – und auf jeden Fall mitten im Volk ankommt, wie das Neue Testament vor Augen stellt. Pfingsten ist das Fest der ganzen Kirche; es ist das Fest aller Getauften und Gefirmten, es ist auch das Fest einer Völkerverständigung, die im Namen Gottes Frieden stiftet.
Paradebeispiel "Apostelkonzil"
Das Neue Testament schildert zahlreiche Kirchenversammlungen, in denen dieser pfingstliche Geist Menschen antreibt, dass sie innehalten, nachdenken und Entscheidungen treffen, um neue Wege zu gehen. Immer wenn es eng wird und weit werden muss, in jeder Krise, an jedem Wendepunkt braucht es dem Neuen Testament zufolge das Vorpreschen, das Vordenken, das Vorbeten des Heiligen Geistes, damit sich die Kirche in Bewegung setzt: zu Gott und zu den Menschen. Immer braucht es die versammelten Gläubigen, die ganz Ohr sein wollen, um dann den Mund aufzumachen und die Ärmel hochzukrempeln. Immer wird gemeinsam beraten. Immer wird auch gemeinsam entschieden.
Das "Apostelkonzil" ist ein Paradebeispiel: Die ganze Gemeinde ist beteiligt, die Ältesten (auf Griechisch: die Presbyter) und die Apostel sind dort, die wichtigsten Missionare wie Barnabas und Paulus, offenbar auch die Familie Jesu, jedenfalls sein Bruder Jakobus. Es gibt Streit, es muss entschieden werden. Es gibt qualifizierte, erfahrungsgesättigte, reflektierte Beiträge – und es gibt eine Lösung. Sie wird gemeinsam gefunden: "Da beschlossen die Apostel und die Ältesten und die ganze Gemeinde ..." (Apg 15,22): Der wichtigste Beschluss, der in der Kirche je gefasst worden ist, die Öffnung des Evangeliums für alle Völker, ist ein geistlicher, ein synodaler, ein gemeinschaftlicher Beschluss.
Nicht anders war es, als in Jerusalem die Sieben für den Diakonat ausgewählt und als in Antiochia Barnabas mit Paulus auf die erste Missionsreise ausgesendet wurde. Paulus trifft keine einsamen Beschlüsse als Apostel, sondern setzt immer auf Kritik, auf Diskussion, auf Übereinkunft – und auf die Fähigkeit der Gemeinden, ihre wichtigen Dinge selbst zu entscheiden. Diese Kompetenz zu stärken, ist der Kern seines apostolischen Dienstes.
Die ganze Kirchengeschichte hindurch gibt es Synoden, die keineswegs nur "Kleriker", sondern auch "Laien" in Beratungs- und Entscheidungsprozessen verbunden hat. Es hat auch immer Abstimmungen gegeben – wenn es gut ging, mit sehr großen Mehrheiten.
In der Moderne hingegen konzentriert sich immer mehr auf die Bischöfe. Nach heutigen Kirchenrecht sind Synoden Bischofsversammlungen. Nur ausnahmsweise können auch andere Gläubige herangezogen werden, aber selbst Priester, Diakone und Ordensleute nur mit beratender, nicht mit entscheidender Stimme. Diese Verengung sollte der Befreiung der Kirche von politischer Einflussnahme dienen – aber inzwischen ist die Unabhängigkeit der Kirche so klar, dass es dieser Sicherungsmaßnahme nicht mehr bedarf. Das Bischofsamt ist voll anerkannt – also kann nun auch die Verantwortung auf mehr Schultern verteilt werden. Der Leitungsstil muss sich ändern – und die Amtsauffassung ebenso.
Die Absurdität der bestehenden Ordnung
Wie absurd die bestehende Regel ist, hat sich bei der römischen Jugendsynode 2018 gezeigt, wenn ausschließlich Bischöfe, von denen nach Kirchenrecht keiner jünger als 35 Jahre sein darf, über Fragen junger Menschen entscheiden, die zwar angehört wurden, aber wenn es zählt, nichts zu sagen hatten.
Weil die Dinge im Kirchenrecht so liegen, hat sich die katholische Kirche in Deutschland entschlossen, keine "Synode" einzuberufen, sondern gemeinsam einen "Synodalen Weg" zu gehen – in kirchenrechtlich unsicherem Gelände, aber auf einem von der Missbrauchsstudie aufgewühlten Terrain, das nur noch gemeinsames Beraten und Entscheiden möglich sein lässt. Überall dort, wo synodale Prozesse angekündigt sind, ob in Lateinamerika oder in Österreich, ob in Australien, Irland oder Italien, ist klar geworden, dass das Kirchenrecht nicht ausreicht, um die Kräfte zu bündeln, und dass es neue Formen braucht, den synodalen Geist in der katholischen Kirche wirken zu lassen.
Dass der neue Generalsekretär der römischen Bischofssynode, Kardinal Mario Grech, in der Woche vor Pfingsten einen synodalen Weg der katholischen Kirche auf der ganzen Welt angekündigt hat, der im Oktober starten soll, passt ins Bild – und wirft neue Fragen auf. Ein "Abenteuer" hat er angekündigt – tatsächlich muss es spannend werden, weil es gilt, katholische Synoden neu mit Leben, mit Geist und mit Macht zu versehen.
Breite Konsultationen sollen die Basis zu Wort kommen lassen. Dafür tragen die Bischöfe in ihren Diözesen Verantwortung. Auf nationaler und kontinentaler Ebene sind es nur sie, die zusammenkommen, um zu beraten und zu entscheiden, schließlich auf einer Weltsynode in Rom. Desto wichtiger ist, dass sie mitnehmen, was der Geist den Gemeinden sagt.
Die Bischöfe sind am Zug: Sie müssen über ihren Schatten springen. In den Diözesen müssen sie Ihre Räte mitberaten und entscheiden lassen. Am 17. Oktober kann dies in allen deutschen Bistümern beginnen. Und wenn es ein Votum der Bischofskonferenz nach Rom gibt: kann man sich ernsthaft vorstellen, dass es ohne geschieht, ohne dass zuvor die Synodalversammlung grünes Licht gegeben hat?
Ein Schlüssel für die Zukunft der Kirche ist es, das Prinzip Synodalität auf Dauer zu stellen – und beim Beraten wie beim Entscheiden Volkes Stimme zu Wort kommen zu lassen, auch mit Hilfe der Bischöfe. Der Synodale Weg hat die Chance, hier ein starken Impuls zu setzen. Er muss sie nutzen.