Standpunkt

Katholischer Buchpreis: Erlösung ereignet sich im Erzählen

Veröffentlicht am 26.05.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Die deutschen Bischöfe vergeben in diesem Jahr keinen Kinder- und Jugendbuchpreis. Da ein bereits gekürtes Buch die "christliche Lebenshaltung" doch nicht verdeutliche. Dadurch entstehe ein misslicher Eindruck, kommentiert Peter Otten.

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In diesem Jahr verleihen die katholischen deutschen Bischöfe bekanntlich keinen Kinder- und Jugendbuchpreis. Nicht nur das: Der von der Expertenjury vorgeschlagene Preisträger "Papierklavier" von Elisabeth Steinkellner und Anne Gusella fiel bei den Bischöfen nicht nur durch. Er verschwand gar von ihrer Empfehlungsliste. Es habe "die Auffassung bei den Bischöfen überwogen, dass das Buch nicht hinreichend den Kriterien des Preises entspricht", twitterte DBK-Pressesprecher Matthias Kopp. Diese besagen, der Preis werde für Arbeiten verliehen, "die beispielhaft und altersgemäß christliche Lebenshaltungen verdeutlichen".

Am Anfang war das Wort. So beginnt bekanntlich das Johannesevangelium. In diesem klugen Gedanken wird das göttliche Tandem von "Erzählen" und "Offenbaren" auf den Punkt gebracht. Die Bibel gibt Zeugnis davon, von der ersten bis zur letzten Seite. Ihr permanenter Subtext: Die Erlösung ereignet sich im Erzählen. Nun verstehen sich nicht nur die Autorinnen und Autoren der Bibel aufs sinnstiftende Erzählen. Auch Schriftstellerinnen und Schriftsteller versuchen doch im Erzählen ihrer Geschichten die Welt zu deuten und entdecken dort auch berührende Spuren von Glauben, Hoffnung und Liebe. In aller Offenheit. Gott sei Dank.

Wir bestimmen und entscheiden, und zwar auch darüber, was altersgemäß christliche Lebenshaltungen sind und ob die Künstlerinnen und Künstler sie entsprechend verdeutlichen: Das ist die Botschaft, die die Entscheidung der Bischöfe aussendet. Was genau sie darunter verstehen, sagen die Bischöfe nicht. "Zu den internen Beratungen des Ständigen Rates möchten wir uns nicht äußern", heißt es aus der Bischofskonferenz. So bleibt der missliche Eindruck: Wir vergeben in diesem Jahr den Preis nicht. Weil wir es können.

Schade, dass die Bischöfe nicht in den Diskurs gehen. Das macht wenig Hoffnung auf eine Diskurskultur in der katholischen Kirche, in der es einstweilen bei Auf-Augenhöhe-Beschwörungen bleibt. Nun gibt es eine Initiative von Theologinnen und Theologen, die einen "christlichen Kinder- und Jugendbuchpreis" in Eigenregie an die verschmähten Autorinnen vergeben wollen und dafür Geld sammeln. Am Anfang war das Wort. Und das Wort war bei Gott. Eben. Das ist eine gute Nachricht.

Von Peter Otten

Der Autor

Peter Otten ist Pastoralreferent in der Pfarrgemeinde St. Agnes in Köln. Seit einigen Jahren bloggt er unter www.theosalon.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.