Papst ist Mitinitiator: Neues Netzwerk zu "Laudato si" gegründet
Der Vatikan hat sein Aktionsjahr zur päpstlichen Umweltenzyklika "Laudato si" abgeschlossen. Franziskus sowie mehrere Koordinatoren zogen am Dienstag Bilanz und riefen ein neues internationales Netzwerk ins Leben. Die "Laudato-si-Action-Platform" soll Organisationen, Gruppen und Personen vernetzen und unterstützen, die sich im Geiste der Enzyklika für eine "ökologisch-soziale Transformation" einsetzen.
In einer Videobotschaft kritisierte der Papst, dass die Welt – sechs Jahre nach Veröffentlichung seines Schreibens – immer noch unter einer "räuberischen Einstellung" leide. Der Mensch fühle sich als "Herrscher über den Planeten", gehe unverantwortlich mit den Gaben Gottes um. Dies zeige sich auf dramatische Weise in einer beispiellosen ökologischen Krise. Die Corona-Pandemie habe den "Schrei der Natur und der Armen", die zu den Hauptleidtragenden zählten, nur verstärkt.
Franziskus: Grundlegend anderer Lebensstil erforderlich
Um eine nachhaltige Veränderung zu bewirken, sei ein grundlegend anderer Lebensstil erforderlich. Nur durch eine "ganzheitliche, menschliche Ökologie" könne es gelingen, eine neue, bessere Gesellschaft zu formen. "Ich erneuere deshalb meinen Appell: Lasst uns auf Mutter Erde Acht geben!", so Franziskus.
Er dankte allen, die in den vergangenen Monaten mit vielen Initiativen am "Laudato-si-Jahr" mitgewirkt hätten. Die Aktion gehe jetzt in die eigens geschaffene Plattform über. Dieses auf sieben Jahre angelegt Projekt soll Gemeinden weltweit auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit begleiten. Das Kirchenoberhaupt lud Familien, Pfarreien, Diözesen, Schulen, Organisationen und Bewegungen aller Art auf, sich zu beteiligen.
Der Vatikan hatte das zu Ende gegangene Aktionsjahr zur Thematik von "Laudato si" im vergangenen Sommer gestartet. Bei zahlreichen zentralen und dezentralen Veranstaltungen ging es um Aspekte wie Erziehung zur Nachhaltigkeit, fossile Brennstoffe, Menschenrechte, Wasser oder Hygienestandards. Auch Gebetsinitiativen und Konzerte gehörten zum Programm. Federführend verantwortlich war die vatikanische Entwicklungsbehörde.
Deren Leiter, Kurienkardinal Peter Turkson, bezeichnete die Resultate am Dienstag als "fabelhaft". Ortskirchen, Verbände und Personen aus verschiedenen Ländern hätten sich mit großem Enthusiasmus eingebracht. Als Beispiel erwähnte er die katholische Kirche in Bangladesch, die in diesem Jahr mit gerade einmal 400.000 Mitgliedern mehr als 700.000 Bäume gepflanzt habe. Dies zeige, dass die Aktion eindrucksvolle Früchte trage. Die "Laudato-si-Action-Platform" werde nahtlos daran anknüpfen. Drängendstes Ziel für die nächsten Jahre seien Fortschritte im Kampf gegen die Erderwärmung. "Es ist jetzt mehr denn je an der Zeit zu handeln", betonte der Kardinal.
Das 2015 veröffentlichte Schreiben Laudato si gilt als erste päpstliche Umweltenzyklika. Sie ist zugleich eine "grüne Sozialenzyklika", mit der Franziskus eine "ganzheitliche Ökologie" aus Sicht der Ärmsten vertritt. Laut Franziskus kann man über Umweltschutz nicht sprechen, ohne soziale Gerechtigkeit, das globale Wirtschaftssystem, die Flüchtlingsproblematik und die Menschenrechte in den Blick zu nehmen.
Papst-Teilnahme an Klimakonferenz?
Unterdessen hat der Vatikan Pläne für eine mögliche Teilnahme von Papst Franziskus an der UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow bestätigt. Wie Kardinal Turkson am Dienstag ebenfalls mitteilte, liegt bereits eine entsprechende Einladung für das Kirchenoberhaupt vor. Über eine Annahme sei allerdings noch nicht endgültig entschieden worden.
Turkson sagte, es gebe Überlegungen, den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. in die Planungen miteinzubeziehen. Denkbar sei ein gemeinsamer Auftritt der beiden Kirchenoberhäupter im November in Glasgow. Bartholomaios wird wegen seiner zahlreichen Umweltschutz-Initiativen oft als "grüner Patriarch" bezeichnet.
Bereits vor einigen Tagen hatte der US-Sonderbeauftragte für Klimafragen, John Kerry, eine persönliche Teilnahme des Papstes am Klimagipfel angeregt. Er gehe davon aus, dass es dazu kommen werde, so Kerry am Rande einer Privataudienz bei Franziskus. Der Papst sei "eine der großen Stimmen der Vernunft und eine zwingende moralische Autorität in der Klimakrise". (mal/KNA)