Kardinal Woelki: Untersuchung im Erzbistum Köln "gut und richtig"
Die geplante Apostolische Visitation für das Erzbistum Köln ist aus Sicht von Kardinal Rainer Maria Woelki als Blick von außen auf die Erzdiözese "gut und richtig für die Aufarbeitung und die Folgen". Woelki sagte am Freitagabend in einem vom Erzbistum verbreiteten Video: "Sie können eine Situation wie im Erzbistum Köln nach der unabhängigen Untersuchung nicht aus Rom, aus der Ferne genau erfassen. Wer auch immer sich an das Thema Aufarbeitung heranmacht, tritt allen auf die Füße."
Er habe sich nicht vorstellen können, "welche immensen Auswirkungen die Aufarbeitung von Schuld nach sich zieht. Wer redet im Moment noch über Täter, wer über die Betroffenen, wer redet über Strukturen und Prozesse, die verändert werden müssen, wer redet über Glauben und Mission und noch vieles mehr", so Woelki. Daher sei es "zielführend", dass die beiden Visitatoren, Kardinal Anders Arborelius aus Schweden und den Rotterdamer Bischof Johannes van den Hende, "die nächste Zeit hier im Erzbistum verbringen und sich alles genau anschauen und Gespräche führen".
Blick von außen könne "wertvolle Hinweise" geben
Der Kardinal sagte weiter, er sei oft gefragt worden: "Musstest du so genau alles untersuchen lassen? Kannst du nicht einfach alles ruhen lassen?" Er selbst sei aber "der tiefen Überzeugung, dass wir als Christen nicht die Zukunft gewinnen können, wenn wir uns nicht mit der Vergangenheit auseinandersetzen. Das gilt auch für mich." Der Blick von außen durch die Visitation könne "wertvolle Hinweise" geben, was bei der Aufarbeitung schiefgelaufen und was noch zu tun sei.
"Mir liegt weiterhin am Herzen, mit den Menschen hier im Erzbistum stärker in den Dialog zu kommen. Das ist zurzeit nicht ganz so einfach, weil wir wie überall in der Gesellschaft eine starke Tendenz zu Polarisierung haben", fügte der Kardinal hinzu: "Dieses Gift der Polarisierung, dieses ausschließende 'Du oder ich' müssen wir als Christen überwinden."
In einem ungewöhnlichen Schritt hatte Papst Franziskus eine offizielle Überprüfung für das Erzbistum angeordnet. Die beiden Visitatoren sollen sich in der ersten Junihälfte "vor Ort ein umfassendes Bild von der komplexen pastoralen Situation im Erzbistum Köln verschaffen". Außerdem sollen sie untersuchen, ob der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, der Hamburger Erzbischof Stefan Heße und die Kölner Weihbischöfe Dominikus Schwaderlapp und Ansgar Puff Fehler gemacht haben beim Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs. In einer ersten Reaktion sagte Woelki, er werde die Visitatoren "mit voller Überzeugung in ihrer Arbeit unterstützen.
Der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Köln begrüßte die Entscheidung des Vatikan. Der Vorsitzende der Laienvertretung, Tim-O. Kurzbach, lud Kardinal Arborelius und Bischof van den Hende zur kommenden Sitzung des Gremiums am 16. Juni ein, um die Stimmen der Laien zu hören. "Die Anordnung der Visitation unterstreicht, dass auch in Rom verstanden wird, dass im Erzbistum Köln unter der Leitung von Kardinal Woelki der Kontakt zwischen Gemeinden und Bistumsleitung schwer geworden ist." Der Diözesanrat lässt seine Zusammenarbeit mit Woelki wegen der strittigen Missbrauchsaufarbeitung seit Ende Januar ruhen.
Die 14 führenden Geistlichen im Erzbistum Köln, die sich in einer E-Mail kritisch über die Missbrauchsaufarbeitung geäußert haben, sprachen von einer Chance. Die Stadt- und Kreisdechanten würden Woelki wie bislang beratend zur Seite stehen, sagte der Sprecher der Gruppe, der Wuppertaler Stadtdechant Bruno Kurth. "Aber zur Seite stehen bedeutet ja Loyalität und auch Kritik und das offene, ehrliche Wort." Der Kölner Stadtdechant Robert Kleine schrieb am Freitagabend auf Facebook, die Visitation eröffne die Möglichkeit, "dass mit einem klaren und unbefangenen Blick von außen auf die Missbrauchsaufarbeitung und auf die pastorale Situation im Bistum geschaut wird". (mal/KNA)