Vatikan-Dekret fehle "jeglicher Impulscharakter"

Kardinal Cordes kritisiert neue Regeln für katholische Verbände

Veröffentlicht am 21.06.2021 um 12:04 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Der Vatikan hat die Regeln für internationale Dachverbände verschärft: Amtszeitbegrenzungen sollen Machtmissbrauch und Veruntreuung verhindern. Kardinal Paul Josef Cordes vermisst positive Impulse – es wirke, als seien die Organisationen Rom lästig.

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Der emeritierte Kurienkardinal Paul Josef Cordes sieht die neuen kirchenrechtlichen Regeln für internationale katholische Organisationen kritisch. Gegenüber der Zeitung "Die Tagespost" (Montag) sagte Cordes, dass dem Dokument angesichts der geistlichen Vitalität der Bewegungen jeglicher Impulscharakter fehle. Mitte Juni hatte das vatikanische Dikasterium für Laien, Familie und Leben ein Dekret veröffentlicht, mit dem die Amtsperiode von Leitungspositionen in dem Vatikan unterstellten Verbänden und Organisationen begrenzt wurde.

Das Dekret und die zugleich veröffentlichte erläuternde Note des Dikasteriums vermittle den Eindruck, "eine Materie zu behandeln, die lästig und einzuzäunen ist". Cordes vermisse den "Dank an Gott, dass er der Kirche in unserer säkularisierten Zeit ‘Gott-bereite Glieder’ (Balthasar) gegeben hat, die vor allem ihn unter die Menschen tragen wollen" sowie den Appell der neuen geistlichen Gemeinschaften, "das Christentum nicht in politischer Theologie oder säkularem Humanismus verflachen zu lassen".

Geistliche Gemeinschaften schützten vor "Abdriften in Sekten"

Cordes, der von 1980 bis 1995 Vizepräsident des Päpstlichen Rates für die Laien war, verwies dabei auf eine Stellungnahme des Theologen Hans Urs von Balthasar aus dem Jahr 1993 für den Laienrat: "Es muss wohl erst unser Jahrhundert abgewartet werden, um eine solche Blüte und Vielfalt von selbstständigen Laienbewegungen in der Kirche sich ausbreiten zu sehen,“ von denen, "die Großzahl aus neuen, eigenständigen Anregungen des Heiligen Geistes hervorgegangen sind", so Balthasar. Das gilt laut Cordes heute mehr denn je, da in "vielen Kontinenten" die neuen geistlichen Gemeinschaften eine Hilfe seien, um das "Abdriften von Katholiken in kirchenfeindliche Sekten" zu verhindern.

In dem Dekret hatte das Laien-Dikasterium zwar das Recht und die Freiheit von Katholiken betont, Vereinigungen zu gründen und zu leiten, wies aber darauf hin, dass die interne Führung einer Organisation stets "in Einklang mit der kirchlichen Mission" und ihren Normen stehen müsse. Daher müssten die Amtszeit von Leitungsämtern und ihre Zahl reguliert werden, um einen "gesunden Wechsel" sicherzustellen und Veruntreuung sowie Machtmissbrauch vorzubeugen.

Das Dekret betrifft die rund 100 internationalen Vereinigungen, die dem Dikasterium unterstehen. Dazu gehören etwa die Dachorganisationen der Gemeinschaft Sant'Egidio, des Neokatechumenalen Wegs oder der Schönstatt-Frauenbund. Nicht betroffen sind Priestervereinigungen sowie Institute geweihten Lebens und Gesellschaften apostolischen Lebens. Zu den dem Dikasterium unterstellten Verbänden gehören auch Dachverbände mit in Deutschland tätigen Mitgliedsverbänden wie der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG, Dachverband ICCS), der Katholischen Jungen Gemeinde (KjG, Dachverband FIMCAP), der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB, Dachverband MIJARC) und der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB, Dachverband WBCA). Die neuen Regeln haben aber nur Auswirkungen auf die internationalen Zusammenschlüsse, nationale und diözesane Vereine und Verbände sind von dem Dekret nicht erfasst. (fxn)