Nach der Uefa-Entscheidung: Kirche, hol die Regenbogenfahnen raus!
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Ist es klug, sich auf einem katholischen Internetportal kritisch mit der Entscheidung der Uefa auseinanderzusetzen, die als Zeichen gegen ein homosexuellenfeindliches ungarisches Gesetz geplante Regenbogenbeleuchtung des Münchner Fußballstadions beim heutigen EM-Spiel Deutschland gegen Ungarn zu verbieten? Vermutlich nicht, denn die katholische Kirche ist beim Umgang mit Homosexuellen und mit Menschen, die auf andere Weise von der lehramtlichen Norm abweichen, nun gerade kein Vorbild an Toleranz und Weltoffenheit. In gewisser Weise sitze ich als Angestellter der Kirche bei diesem Thema also im Glashaus.
Allerdings: Die ablehnende Haltung der Kirche gegenüber Homosexuellen (und ja, es ist eine ablehnende Haltung – da helfen auch ein paar wohlfeile Worte im Katechismus oder in Bischofspredigten nicht) wird inzwischen auch in der Kirche selbst massiv kritisiert und immer weniger akzeptiert. Das haben etwa die beinahe guerillaartig organisierten Segnungsgottesdienste für homosexuelle Paare vor ein paar Wochen gezeigt, die bundesweit ein starkes Zeichen für Toleranz ausgesandt haben. Ich habe diese Gottesdienste mit großer Sympathie verfolgt, weil auch ich die Haltung der Kirche bei diesem Thema grundfalsch finde und kritisiere. Insofern denke ich, dass ich mir an dieser Stelle durchaus ein Urteil über die gestrige Entscheidung der Uefa erlauben darf.
Zwar kam die Entscheidung des Verbands gegen die Regenbogenbeleuchtung nicht überraschend; angesichts des sonstigen politischen Gebarens der großen Sportverbände und ihres Kuschelns mit autoritären Regimen musste man damit rechnen. Die Begründung für die Ablehnung macht dennoch sprachlos. Man könne die Aktion nicht erlauben, weil die Uefa gemäß ihrer Satzung eine "politisch und religiös neutrale Organisation" sei, schrieb der Verband. Wer so argumentiert, hat seinen moralischen Kompass komplett verloren. Wenn es um Menschenrechte geht, darf man nicht neutral sein!
Vor dem Hintergrund der gestrigen Entscheidung wirken die Kampagnen der Uefa gegen Rassismus und die Diskriminierung von Homosexuellen nur noch unglaubwürdig und bigott. Zumal es ja nicht der erste Vorfall dieser Art bei der laufenden EM war. Auch die Regenbogenbinde von Deutschlands Kapitän Manuel Neuer war von der Uefa schon kritisch beäugt worden. Einige Fußballvereine haben inzwischen angekündigt, aus Protest ihr eigenes Stadion in Regenbogenfarben zu beleuchten. Es wäre ein starkes Zeichen, wenn sich auch katholische Kirchengemeinden und Verbände diesem Protest anschließen würden. Die Regenbogenflaggen, die zuletzt im Zusammenhang mit den Segnungsgottesdiensten an vielen Kirchen hingen, dürften sich ja problemlos erneut hissen lassen.
Der Autor
Steffen Zimmermann ist Redakteur im Korrespondentenbüro von katholisch.de in Berlin.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.