Standpunkt

Die Widersprüchlichkeit des Papstes hat destruktives Potenzial

Veröffentlicht am 25.06.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Papst Franziskus überrasche immer wieder mit widersprüchlichen Wortmeldungen. In dieser Mehrdeutigkeit liege allerdings eine große Gefahr für die Kirche, kommentiert Pater Max Cappabianca. Denn Hirten und Herde seien zunehmend desorientiert.

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Der Papst überrascht immer wieder mit widersprüchlichen Wortmeldungen oder Symbolhandlungen. Einerseits prangert er den Klerikalismus an, andererseits geht auch unter Franziskus die problematische Praxis weiter, Kurienmitarbeiter zu Bischöfen oder Kardinälen zu ernennen, die für ihre Aufgabe weder Bischofswürde noch Priesteramt bräuchten. Mal setzt er sich für eine situative Moral ein, die die einzelne Person in den Blick nimmt, wie bei der Familiensynode, dann lässt er es zu, dass seine Kurie diskriminierende Dokumente veröffentlicht, die dem Geist seiner sonstigen Verkündigung widerspechen.

Mal hat er den Mut, den Katechismus der katholischen Kirche zu ändern und – anders als es bisher Lehre war – die Todesstrafe als unzulässig zu qualifizieren, weil sie "gegen die Unantastbarkeit und Würde der Person verstößt", dann ändert er das kirchliche Strafrecht und macht die Weihe von Frauen auch im kirchlichen Gesetzbuch zu einer "Straftat". Zwar ist dies keine Neuerung. Schon vorher hatten kirchliche Dokumente dies verboten. Angesichts der offenen Diskussion in der Weltkirche um die Weihe von Frauen erscheint eine solche "Reform" zum jetzigen Zeitpunkt aber mehr als problematisch.

Die jüngste Warnung des Papstes vor "selbst ernannten christlichen Hütern der Wahrheit" qualifizierte der Berliner Theologe Georg Essen als "eine der fulminanten paradoxalen Interventionen Seiner Heiligkeit". In der Tat fragt man sich, wen der Papst da meint. Seine Mitarbeiter? Sich selbst? Oder irgendwelche Pappkameraden?

Nun behaupten manche, der Papst lasse sich halt in keine Schublade stecken. Die Widersprüchlichkeit seiner "Lehre" entspreche der Vielfalt gelebten Lebens. Das Problem ist: Diese Widersprüchlichkeit trägt ein destruktives Potential in sich. Hirten wie Herde sind zunehmend desorientiert. Sollte der Papst denken, dass manche traditionelle Lehre der Kirche anachronistisch geworden ist, es aber Zeit brauche, die gesamte Weltkirche "mitzunehmen", dann möge er dies doch sagen, oder zumindest die Frage offen lassen.

Dieser Pontifex fordert von seinen Gläubigen viel Ambiguitätstolerenz. Er sollte aber darauf achten, dass es die Kirche nicht zerreißt.

Von Pater Max Cappabianca

Der Autor

Der Dominikaner Max Cappabianca ist Leiter der Katholischen Studierendengemeinde Hl. Edith Stein in Berlin.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.