Nicht nur, weil der Papst es will – der Synodale Weg muss weitergehen
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Franziskus hat zu einem weltweiten synodalen Prozess aufgerufen und damit selbst die Macher des Synodalen Weges in Deutschland irritiert. Eine Klarstellung, wie sie Bischof Georg Bätzing nach dem Gespräch mit dem Papst in der vergangenen Woche abgegeben hat, war überfällig: Der Papst wolle die Fortsetzung des Synodalen Weges in Deutschland. Die Ankündigung des weltweiten synodalen Prozesses macht den Synodalen Weg in Deutschland weder überflüssig noch ersetzt oder sistiert sie ihn.
Franziskus geht desungeachtet davon aus, dass die katholische Kirche lernen müsse, synodal zu handeln. Zugleich bezeichnet er Synodalität als Wesenseigenschaft der Kirche. Mit anderen Worten, die Kirche müsse lernen, wozu sie bestimmt ist: gemeinsam voranzugehen. Der Synodale Weg in Deutschland verfolgt eine Zielsetzung, die sich weitaus bescheidener ausnimmt. Durch ihn sollen die systemischen Ursachen sexueller und spiritueller Gewalt aufgearbeitet werden. Ziel ist die Abstellung der erkannten Risiken.
Für Franziskus bietet Synodalität die Chance einer "Feinabstimmung der Anwendung des Evangeliums im Lichte der Zeichen der Zeit". Dazu gehört, den kirchlichen Grundvollzügen der Liturgie, der Verkündigung und der Diakonie synodal eine neue Dynamik zu verleihen. Gemeinschaft in liturgischer Feier und Gebet, Partizipation im diakonischen Handeln und Mission durch das Zusammenwirken der Charismen in der Verkündigung.
In einer spontanen Ansprache hat Franziskus am 02. September 2019 eine seitdem vielfach von dritten gegen den Reformkurs des Synodalen Weges geschwungene 'Keule' ausgepackt. "Ohne Heiligen Geist […] gibt es keine Synodalität." Es handelt sich um ein aus dem Gedächtnis abgerufenes Zitat, mit dem der Papst auf einen höchst lesenswerten Artikel von Michele Giulio Masciarelli im Osservatore Romano vom Vortag über "Sinodalità e Spirito santo" aufmerksam machen wollte. Masciarelli hatte in dem Artikel die liturgische, diakonische und missionarische Ausrichtung auf den Heiligen Geist als Kennzeichen einer synodalen Kirche herausgestellt. Der Synodale Weg spielte in dem Zusammenhang keine Rolle.
Aber: der Synodale Weg lässt sich sowohl als "Feinabstimmung der Anwendung des Evangeliums im Lichte der Zeichen der Zeit" als auch als Neuausrichtung der vom Umgang mit dem Missbrauch geprägten Kirche auf den Heiligen Geist verstehen. Synodaler Weg und synodaler Prozess widersprechen einander keineswegs.
Der Autor
Michael Böhnke ist Professor für systematische Theologie an der Bergischen Universität Wuppertal. Außerdem ist er Ethik-Beauftragter des Deutschen Leichtathletikverbands.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.