Missbrauchsvorwürfe gegen Pfarrer: Korschenbroich benennt Straße um
Der Stadtrat des nordrhein-westfälischen Korschenbroichs hat die Umbenennung der Pfarrer-Johannes-Wolf-Straße beschlossen. Wie aus dem Protokoll der der Ratssitzung am Donnerstag hervorgeht, haben alle Mitglieder des Rates einstimmig der Umbenennung zugestimmt, die von der Pfarrgemeinde St. Dionysius selbst beantragt worden war. Aus den vorliegenden alternativen Namensvorschlägen wählte der Stadtrat den von den Anwohnern eingebrachten Namen "An der Obstwiese". Die Umbenennung soll erst zum 1. Oktober erfolgen, um mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl "Unstimmigkeiten bei der Meldeadresse" von Anwohnern zu vermeiden, wie der Korschenbroicher Bürgermeister Marc Venten (CDU) laut WDR mitteilte.
In einem Schreiben an den Rat Mitte Juni hatten der Pfarrer der Gemeinde, Marc Zimmermann, sowie Vertreter des Kirchenvorstands und des Pfarreirats darauf hingewiesen, dass dem 1993 verstorbenen langjährigen Pfarrer Wolf zwei Fälle sexualisierter Gewalt in den 1960er Jahren vorgeworfen werden, die 2009 und 2011 von Betroffenen an das Bistum Aachen gemeldet wurden. Es gebe außerdem Hinweise auf weitere Betroffene. "Mit dem Wissen um die verübten Taten sexualisierter Gewalt kann ich als Pfarrer in Verbindung mit den gewählten Gremien die weitere Namensgebung der Straße nicht mehr verantworten. Wir möchten ein Zeichen dafür setzen, dass wir das tief in das Leben der Betroffenen wirkende Leid durch Pfarrer Wolf ernst nehmen und die Erinnerung an ihn nicht in der Würdigung durch einen Straßennamen billigen können", so Zimmermann. Für eine Umbenennung solle ausdrücklich kein Kleriker als neuer Namenspate gewählt werden. Die Pfarrei schlug stattdessen den Kölner Diözesanbaumeister und Architekten Vincenz Statz als neuen Namensgeber für die Straße vor, der die Pfarrkirche entworfen hat.
Die sechs Ratsfraktionen kündigten am Mittwoch in einer gemeinsamen Erklärung an, der Umbenennung zuzustimmen. "Wir sind erschüttert über die Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern, die von Pfarrer Johannes Wolf während der Zeit seines Wirkens in Kleinenbroich verübt wurden", so die Erklärung, in der auch ausdrücklich der Kleinenbroicher Bürgerin gedankt wird, die die Vorwürfe ans Licht brachte. Kritisch äußerten sich die Fraktionen dazu, dass die Vorwürfe dem Bistum Aachen bereits seit 2009 bekannt waren. Eine Bekanntmachung der Vorwürfe hätte auch weiteren Betroffenen geholfen: "Dieses bringt Gewissheit, nicht allein zu sein, und hilft Mut zu finden und sich zu melden. Wir möchten weitere Betroffene ausdrücklich dazu ermutigen, sich bei den in der Mitteilung der Pfarrgemeinde genannten Ansprechpartnern zu melden."
Auch Bischof-Stein-Platz und Kardinal-Meisner-Platz in der Diskussion
Der in Mönchengladbach geborene Johannes Wolf war zwischen 1945 und 1984 als Seelsorger in Kleinenbroich tätig, das heute zu Korschenbroich gehört. Kurz nach seinem Tod 1993 beantragte der damalige Kirchenvorstand, die Straße nach ihm zu benennen. Der Kulturausschuss der Stadt Korschenbroich beschloss die Umbenennung ein Jahr später einstimmig.
Neben der Pfarrer-Wolf-Straße sind noch weitere Ehrungen durch Straßen- und Platznamen im Zuge der Aufarbeitung von Missbrauch in der Kirche in der Diskussion. Nach dem Kölner Missbrauchsgutachten hatte der Bürgermeister von Hundeshagen im thüringischen Eichsfeld zunächst eine Umbenennung des Kardinal-Meisner-Platzes befürwortet. Ende April hatte der Ortsteilrat aber entschieden, eine vollständige Aufarbeitung der Vorwürfe gegen den langjährigen Kölner Erzbischof abzuwarten, dem zahlreiche Pflichtverletzungen vorgeworfen werden. Auch in Trier fand ein Antrag, den Bischof-Stein-Platz umzubenennen, Ende Januar keine Mehrheit. Die Ratsfraktionen wollen vor einer Umbenennung die Ergebnisse der vom Bistum eingerichteten unabhängigen Kommission abwarten. (fxn)