Auszüge aus dem Prüfungsbericht

"Fensterrahmen in Bronze"

Veröffentlicht am 26.03.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Die Abendsonne scheint auf den Bischofssitz und den Dom in Limburg.
Bild: © KNA
Dokumentation

Bonn ‐ Es wurden Kosten geschönt, Kontrollen verhindert, Vorschriften umgangen. Der am Mittwoch veröffentlichte Abschlussbericht der Prüfungskommission für den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz zeigt: Beim Bauprojekt auf dem Limburger Domberg wurden systematisch Rechte missachtet. Der Bericht zeigt aber auch, dass an der Miserere mehrere Stellen beteiligt waren.

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Katholisch.de zitiert Auszüge aus dem Bericht, die zeigen, an welchen Stellen der Bauherr Regeln nicht eingehalten und unnötig hohe Kosten erzeugt hat.

Vor der Amtseinführung Tebartz-van Elsts

  • "Ein schriftlicher Antrag auf Genehmigung der Baumaßnahme wurde zu keinem Zeitpunkt eingereicht, folglich liegt auch kein schriftlicher Beschluss für die Baumaßnahme vor. (...) Die erforderliche Schriftform für Verwaltungsakte wurde nicht eingehalten."

  • "Obwohl Bischof Kamphaus gegen einen Neubau Bedenken anmeldete, hielt das Domkapitel mit Modifikationen am Bauvorhaben fest (...)."

Nach der Amtseinführung Tebartz-van Elsts

  • "Allen Beteiligten, auch dem Bischof, war seit dem 01.07.2011 bekannt, dass für das Bauprojekt deutlich mehr als die zunächst veranschlagten 17 Mio. € aufgebracht werden müssen; bedingt war dies durch das Wachsen des Umfangs und der Ausstattung des Bauprojekts im Vergleich zu den ersten Planungen sowie dem Verzicht auf eine Kostenvorgabe."

  • "Die Anregungen und Wünsche des Bischofs führten in erheblichem Maße zu einer Steigerung der Baukosten. Bischof Dr. Tebartz-van Elst hatte kein Interesse an Details bezüglich der entstehenden Kosten und der Form der Finanzierung; dies überließ er seinem Generalvikar."

  • "Der Bischof verlangte sowohl vom Diözesanbaumeister, dem Geschäftsführer des Bischöflichen Stuhls, den Angestellten der Firma BLFP Frielinghaus sowie den Mitgliedern des Vermögensverwaltungsrates eine strikte Geheimhaltung der Baukosten. Der Diözesanbaumeister führte unter Berücksichtigung von Würde und Stand seines Bischofs dessen Wünsche und Aufträge treu aus. (...) Als Angestellter, der die Weisungen seines bischöflichen Dienstherrn erfüllt, sind ihm keine rechtlichen (oder sonstige) Vergehen anzulasten."

  • "Gegenüber der Öffentlichkeit und den diözesanen Mitarbeitern wurden auf Geheiß des Bischofs entweder keine genauen oder falsche Angaben über die Kosten des Bauprojektes gemacht (2010: 5,5 Mio. € bzw. 2013: 9,85 Mio. €) und von loyalen Mitarbeitern so lange in der Öffentlichkeit verteidigt, bis die Mitglieder des Vermögensverwaltungsrates hierzu nicht mehr bereit waren."
  • Gegenüber dem Gesandten des Heiligen Stuhls, Giovanni Kardinal Lajolo, wurden Anfang September 2013 durch den Bischof nicht die ihm bereits bekannten Zahlen angegeben."

Akkurat angelegter Garten
Bild: ©KNA

Die Gestaltung des Mariengartens auf dem Limburger Domberg hat allein 789.610 Euro verschlungen.

Beispiele für Ausgaben

Mariengarten

"Der Mariengarten war im Jahre 2009 auf Basis einer Planung von S. Kraus mit einem Aufwand von ca. 175.000 Euro neu gestaltet worden. Zentrum des Gartens war eine runde Basaltfläche, die das Labyrinth der Kathedrale von Chartres symbolisieren sollte. Nach Ansicht des Bischofs ähnelte die Gartenfläche aber einer "Wildnis" und erfüllte nicht die Ansprüche und Erwartungen, die im Zusammenhang mit der Neuerrichtung des Bauprojektes angemessen seien. Aus diesem Grund wurde im April 2010 der Auftrag an das Büro Club L94 erteilt, den Mariengarten völlig neu zu gestalten. Die im Jahr 2011 sehr aufwändig neu gestaltete Gartenfläche einschließlich Pflegearbeiten führte letztlich zu Gesamtkosten von 789.610 € brutto."

Inneneinrichtung

"Insgesamt wurden für die Kostengruppe 600 ca. 2,04 Mio. Euro aufgewendet. Grund für diese hohe Summe ist einerseits die Tatsache, dass äußerst hochwertige Möbel speziell für das Objekt angefertigt wurden (Auftrag Firma Köster ca. 1 ,1 Mio. Euro) und andererseits eine Fülle von künstlerischen Gestaltungen beauftragt wurde und auch der Ankauf von hochwertigen Kunstwerken und Antiquitäten festzustellen ist."

  • "Anfang 2013 war bereits die Mehrzahl aller elektrischen Schalter im Projekt eingebaut. Diese wurden durch ein anderes Modell (Sensortaster)ausgetauscht. Hierbei entstanden Elektroarbeiten mit Kosten in einer Höhe von brutto ca. 20.000 Euro."

  • "Nach Fertigstellung der Kapelle wurde eine Aufhängung für einen Adventskranz nachträglich eingebaut. Hierfür musste das Dach geöffnet und ein Kran gestellt werden. Die hierfür entstandenen Kosten konnten von der Prüfungskommission auf Basis der zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht vollständig geklärt werden. Es sind jedoch Baukosten von mehr als brutto ca. 18.000 € entstanden."

  • "Für Natursteinverkleidungen vieler Innenwände sowie Verkleidung von Deckenuntersichten wurden ca. 108.000 € brutto ausgegeben. Sämtliche Flachdächer des Projektes wurden mit Natursteinen verkleidet. Hierfür wurden reine Baukosten von 275.000 € brutto aufgewendet. Die Dach- und Fassadenverkleidung der Kapelle in Naturstein Nero Assoluto kosteten ca. brutto 344.000 €."

  • "Die Natursteinoberflächen der Wege im Bereich des Kreuzganges im Außenbereich wurden elektrisch beheizt, was Kosten von ca. 19.000 € brutto verursachte."

  • "Die Fenster (Rahmen und Verglasung) waren in der Kostenberechnung mit ca. 910.000 € ausgewiesen. Aufgrund der gewünschten Ausführung der Fensterrahmen in Bronze wurden für diese Leistungen schließlich 1.730.000 € abgerechnet."

  • "Für die vollflächige Tieferlegung des Gründungsniveaus auf -4,50 m auf dem gesamten Neubaugrundstück mit Felsabbruch, erforderlichen Unterfangungsmaßnahmen der Umfassungsmauern und der Bestandsbauten wurden insgesamt mehr als 2.700.000 € aufgewendet. Durch die Freistellung der Untergeschosswände wurden diese zu hochwertigen sichtbaren Fassadenflächen statt zu Kellerwänden, was zusätzlich erhebliche Mehrkosten verursachte."
  • "Die Schaffung eines Wasserbeckens für Zierfische ("Koi-Becken") mit ca. 2 m Tiefe und aufwändiger Ausstattung verursachte ca. 213.000 € brutto Baukosten."

  • "Durch die Beauftragung der nicht wirtschaftlich günstigsten Anbieter sind Mehrkosten von brutto ca.330.000 € entstanden."

"Ein Änderungsmanagement (...) existierte nicht. Die Änderungen wurden im laufenden Bauprozess, insbesondere durch den Bauherrn, im Rahmen von Baubesprechungen veranlasst. Hierbei wurde der Punkt Kosten auf Veranlassung des Bauherrn ausgeklammert. Nach Aussagen des Büros Frielinghaus wurde von ihm zwar eine laufende Kostenverfolgung erstellt und mit dem Diözesanbaumeister sporadisch durchgesprochen, eine Übersendung an den Bauherrn sei aber ausdrücklich nicht gewünscht gewesen."

Fazit

"Aus den oben dargestellten Sachverhalten, denen zu entnehmen ist, dass in vielen Bereichen eine aufwändige Ausführungsart gewählt worden ist, ist zu folgern, dass bei einer strikten Anwendung der Prinzipien einer wirtschaftlichen Projektdurchführung Kosten in Millionenhöhe hätten eingespart werden können, ohne dass dadurch wesentliche funktionale und qualitative Einbußen zu erwarten gewesen wären. Auch der hohe Anteil an Planungsnebenkosten zeigt, dass das Fehlen von klaren Zielvorgaben und einer strikten Durchführungsdisziplin erhebliche Mehrkosten verursacht hat, die als verlorene Kosten zu klassifizieren sind."

Aus: Abschlussbericht über die externe kirchliche Prüfung der Baumaßnahme auf dem Domberg in Limburg