Ehemaliger Präfekt der Glaubenskongregation kritisiert neues Motu Proprio

Kardinal Müller: Papst Franziskus will, dass Alte Messe ausstirbt

Veröffentlicht am 19.07.2021 um 13:00 Uhr – Lesedauer: 

Springfield ‐ Mit deutlichen Worten hat Kardinal Gerhard Ludwig Müller die von Papst Franziskus verfügte Einschränkung der Feier der Alten Messe kritisiert. Franziskus argumentiere nicht logisch – und schlage mit seinem Hirtenstab hart auf die Gläubigen ein.

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Kardinal Gerhard Ludwig Müller hat die Einschränkung der Feier der sogenannten Alten Messe durch Papst Franziskus kritisiert. Für die Einheit im Bekenntnis des offenbarten Glaubens und die Feier der Sakramente bedürfe es "keineswegs einer sterilen Einheitlichkeit in der äußeren liturgischen Form", schreibt der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation in einem am Montag veröffentlichten Gastbeitrag auf dem US-amerikanischen Internetportal thecatholicthing.org. Die Einheit der Gläubigen untereinander wurzele in der Einheit in Gott durch Glauben, Hoffnung und Liebe und habe nichts mit einer uniformen Erscheinung oder dem Gleichschritt einer militärischen Formation zu tun. Müller äußert die Vermutung, dass es die klare Absicht von Franziskus sei, die Außerordentliche Form des Ritus "auf Dauer zum Aussterben zu verurteilen".

Ohne das geringste Einfühlungsvermögen würden durch die Einschränkung der Außerordentlichen Form des Ritus die religiösen Gefühle der oft jungen Messeteilnehmer ignoriert, so der Kardinal. Statt den Geruch der Schafe zu würdigen, schlage der Hirte mit seinem Hirtenstab hier hart auf sie ein. Es erscheine zudem schlicht ungerecht, die Feiern des "alten" Ritus abzuschaffen, nur weil er problematische Menschen anziehe. "Hoffen wir, dass die Ordens- und Gottesdienstkongregationen mit ihrer neuen Autorität nicht von Macht berauscht werden und meinen, einen Vernichtungsfeldzug gegen die Gemeinden des alten Ritus führen zu müssen – in dem törichten Glauben, dass sie damit der Kirche einen Dienst erweisen und das Zweite Vatikanische Konzil stärken", so Müller wörtlich.

Franziskus hat Feier der Alten Messe deutlich eingeschränkt

Franziskus hatte die Feier der sogenannten Alten Messe am Freitag mit dem Motu Proprio "Traditionis custodes" (Hüter der Tradition) deutlich eingeschränkt. Laut dem Erlass ist der ordentliche, von Papst Paul VI. (1963-1978) und Johannes Paul II. (1978-2005) erlaubte Messritus die "einzige Ausdrucksweise" des Römischen Ritus. Der 2007 von Benedikt XVI. (2005-2013) in größerem Umfang erlaubte außerordentliche Ritus darf nur noch unter engeren Auflagen gefeiert werden.

Laut dem Motu Proprio darf nur der Ortsbischof für seine Diözese den Gebrauch des 1962 von Papst Johannes XXIII. (1958-1963) veröffentlichten Messbuchs gestatten. Er allein bestimmt demnach Kirchen und Wochentage für die Feier; zudem beauftragt er die Priester, die mit Gläubigen die Gottesdienste entsprechend feiern wollen. Die Lesungen in der üblicherweise auf Latein gefeierten Messfeier müssen laut der Neuregelung in der jeweiligen Landessprache vorgetragen werden. Nicht gestattet ist die Feier nach altem Ritus in normalen Pfarrkirchen, auch dürfen dafür keine eigenen Personalgemeinden gebildet werden. Franziskus begründete seine Entscheidung in einem Begleitbrief an die Bischöfe damit, dass insbesondere die von Benedikt XVI. 2007 erhoffte Versöhnung und größere Einheit in der Kirche nicht eingetreten seien.

Müller kritisiert in seinem Beitrag eine seiner Ansicht nach fehlende "stringente und logisch nachvollziehbare theologische Argumentation" von Franziskus' Entscheidung. "Die päpstliche Autorität besteht nicht darin, von den Gläubigen bloßen Gehorsam und eine förmliche Unterwerfung des Willens zu fordern. Wichtiger ist es, die Gläubigen mit der Kraft des Geistes zu überzeugen", so der Kardinal wörtlich. Gleichwohl betont der 73-Jährige, dass der Papst in seiner Sorge um die Einheit der Kirche im geoffenbarten Glauben voll zu unterstützen sei, sofern die Feier der Heiligen Messe nach dem Messbuch von 1962 Ausdruck des Widerstands gegen die Autorität des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) sei und die Glaubenslehre und Ethik der Kirche in der liturgischen und pastoralen Ordnung relativiert oder gar verleugnet werde.

Scharfe Kritik Müllers an deutschen Bischöfen und Laienvertretern

Niemand dürfe sich Katholik nennen, der entweder hinter das Zweite Vatikanische Konzil zurücktreten oder die Kirche des Konzils als Zwischenschritt zu einer neuen Kirche hinter sich lassen wolle, so Müller weiter. Allerdings müsse man den Willes des Papstes, die sogenannten "Traditionalisten" zur Einheit mit der Kirche zurückzuführen, am Grad seiner Entschlossenheit messen, "den unzähligen 'progressivistischen' Missbräuchen der Liturgie, die einer Blasphemie gleichkommen, ein Ende zu setzen".

Scharfe Kritik äußert Müller in diesem Zusammenhang an "einer Mehrheit der deutschen Bischöfe und Laienvertreter", die im offenen Widerspruch zum Zweiten Vatikanum etwa die Unfehlbarkeit des Lehramtes, den Primat des Papstes, die Sakramentalität der Kirche, die Würde des Priestertums und die Heiligkeit und Unauflöslichkeit der Ehe häretisch leugneten. "Trotz aller scheinbaren Begeisterung für Papst Franziskus leugnen sie rundweg die Autorität, die Christus ihm als Nachfolger des Petrus übertragen hat", so der Kardinal. Als Beispiel nennt er den Umgang deutscher Kirchenvertreter mit dem "Nein" der Glaubenskongregation zur Segnung homosexueller Partnerschaften. Das im Frühjahr veröffentlichte Dokument der Kongregation werde von deutschen Bischöfen, Priestern und Theologen "als bloße Meinung unterqualifizierter Kurienbeamter verspottet". (stz)