Katholiken debattieren über den Einfluss der Medien im Fall Tebartz-van Elst

Öffentlichkeit nicht schuld

Veröffentlicht am 27.03.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Bistum Limburg

Bonn ‐ Dass der ehemalige Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst schwere Fehler begangen hat, bezweifelt mittlerweile kaum noch jemand. Dennoch wird weiterdiskutiert: über Vertrauen und Verantwortung, über Strukturen der Kirche und die Schuld Einzelner, über die Rolle der Medien und die Erklärung des Papstes. Und auch die Limburger Staatsanwaltschaft meldet sich nach dem Erscheinen des Prüfberichts zu Wort.

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Die Medien hätten den Bischof zum Rücktritt gezwungen und ein vergiftetes Klima geschaffen, sagte der katholische Publizist Martin Lohmann im Deutschlandfunk. Er behauptete weiter, die Kirche sei "eingeknickt". Zwar hätte der Bischof "etliche Verfehlungen zu verantworten" und sei auch "in einer gewissen Weise beratungsresistent". Durch die Bezeichnung "Protz-Bischof" habe man ihn aber dennoch vorgeführt.

Dagegen argumentierte unter anderem der Freiburger Kirchenrechtler Georg Bier. Der Vatikan habe die Entscheidung nicht "aufgrund des Drucks der Öffentlichkeit und der Medien getroffen", sagte er katholisch.de. Das werde allein dadurch signalisiert, dass der Apostolische Stuhl das Datum des Rücktrittsangebots mit angegeben habe. Heißt: Der Papst hätte auch schneller reagieren können. Doch habe Franziskus zuerst die Sachlage überprüft, so Bier.

Das sieht der Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan, Bernd Hagenkord, ähnlich. "Der Papst schätzt solche Verfahren und nimmt sich viel Zeit", sagte der Jesuitenpater. Das sei schon bei der Überprüfung der Vatikanbank so gewesen. Generell habe man die Entscheidung des Papstes in Italien bei weitem nicht so intensiv diskutiert, wie es in Deutschland der Fall gewesen sei. "Es gab keine wirklichen Reaktionen, nicht im Vatikan und auch nicht in den Medien", sagt er.

Hagenkord: "Eine Verteidigung erst einmal nicht ehrenrührig"

Hagenkord hält aber nichts von den Versuchen, die Mitteilung des Vatikans zur Annahme des Amtsverzichts noch weiter zu deuten. "Es war ein ungewöhnliche Erklärung, der eine ebenso ungewöhnliche Überprüfung durch eine Kommission vorausgegangen war." Auch erteilte der Jesuitenpater anderen Medien, die den Rücktritt Tebartz-van Elsts als "Ohrfeige für Kardinal Gerhard Ludwig Müller" sehen, eine Absage. Eine Verteidigung eines Amtsbruders sei erst einmal nicht ehrenrührig, so Hagenkord.

Bild: ©SJ-Bild/Leopold Stübner SJ

Alexander Filipovic ist Professor für Medienethik an der Hochschule für Philosophie der Jesuiten in München.

"Der Journalismus hat seine Aufgabe gemacht. Er hat aufgedeckt. Er hat kritisch berichtet und kontrolliert", sagte Medienethiker Alexander Filipovic. Mit dem Vorwurf der Medienkampagne versuche man, den anderen die Schuld zu geben, so der Inhaber des Lehrstuhls für Medienethik an der Hochschule für Philosophie der Jesuiten. Dies sei "durchschaubar" und eine "fatale Strategie".

Gleichzeitig räumte Filipovic ein, dass es eine Überberichterstattung gegeben habe, etwa durch Begriffe wie "Protz-Bischof" oder durch die Spekulationen über den Gesundheitszustand von Tebartz-van Elst. "Da hat es eine journalistische Rudelbildung gegeben." Diese sei aber auch gerügt worden. Positiv hob der Professor die komplette Veröffentlichung des Untersuchungsberichts zu dem Bauprojekt auf dem Limburger Domberg hervor. Dadurch sei eine neue Kultur entstanden. "Wenn Kirche ein wichtiger gesellschaftlicher Akteur sein möchte, muss eine solche Transparenz Standard werden", so Filipovic.

Bischof Overbeck: Probleme durch Vertrauensverlust und mangelnde Transparenz

Dass die Limburger Probleme wesentlich mit dem Verlust von Vertrauen und mangelnder Transparenz zu tun gehabt hätten, sieht auch der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck so. Er warnte im "Kölner Stadt-Anzeiger" nun aber vor Schuldzuweisungen. "Ich hoffe nun, dass alle ihren Beitrag zur Befriedung und zum Neuanfang leisten", sagte er mit Blick auf Vorwürfe einer "Hetzjagd" gegen Tebartz-van Elst.

Alois Glück, der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), sprach sich für strukturelle Veränderungen innerhalb der Kirche aus. Das betreffe etwa die "Frage der Beteiligung von Gremien und die Transparenz von Finanzen". Limburg mache deutlich, wie absolutistische Verhaltensweisen und eine überdehnte Vorstellung des Bischofsamtes zu Fehlentwicklungen führen könnten. Er spüre aber einen Veränderungsprozess: Die große Mehrheit der Bischöfe habe inzwischen eine andere Einstellung, sagte Glück.

Die Staatsanwaltschaft will dagegen bald entscheiden, ob sie ein förmliches Ermittlungsverfahren wegen Untreue gegen Tebartz-van Elst und weitere Vertreter des Bistums einleitet. Die Justizbehörde werde den Prüfbericht in den kommenden Tagen durcharbeiten, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Limburg. "Die Gretchenfrage wird sein, ob 'nur' kirchliches Recht oder auch weltliches verletzt wurde." Nach Bekanntwerden der hohen Kosten waren mehrere Anzeigen gegen den Bischof und weitere Mitglieder der Diözese eingegangen. (bod/KNA)

Dossier: Tiefer Fall

2008 hießen die Limburger Franz-Peter Tebartz-van Elst als neuen Bischof willkommen. Bald jedoch kommt zu ersten Konflikten. Im August 2013 eskaliert die Debatte um den Bischof und die Kosten für das Diözesane Zentrum in Limburg. Am 26. März 2014 dann die Eintscheidung aus Rom: Tebartz-van Elst wird nicht ins Bistum Limburg zurückkehren. Der Papst hat seinen angebotenen Amstverzicht angenommen. Katholisch.de dokumentiert alle wichtigen Etappen des Konflikts.